20. Juli 2004

Ein Meilenstein für den Naturschutz in Hessen

Von: BUND Hessen

Frankfurt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) lobt den gestrigen Kabinettsbeschluss zur Nachmeldung von Fauna-Flora-Habitat Schutzgebieten (FFH-Gebieten). "Die Entscheidung markiert einen Meilenstein für den Naturschutz in Hessen", sagt BUND-Vorstandssprecher Jörg Nitsch. Wichtiger als der Flächenumfang der Gebiete ist der bessere Schutzmechanismus gegen die direkte Zerstörung oder die schleichende Entwertung der Naturschätze, den die EU mit der FFH-Richtlinie 1992 einführte. Der Kabinettsbeschluss schafft für den Umweltminister die förmliche Voraussetzung, der seit neun Jahren ausstehenden Rechtspflicht zur vollständigen Meldung der FFH-Gebiete an die EU-Kommission endlich nachzukommen.

Die heute auftretenden Konflikte zwischen den Vorgaben der FFH-Richtlinie und vielen Großvorhaben wie der A 44 oder der Erweiterung des Frankfurter Flughafens belegen nach Meinung des BUND den bis heute rücksichtslosen Umgang mit der Natur. "Die Planungen müssen künftig besser werden und die Unversehrtheit der Schutzgebiete von Anfang an berücksichtigen, damit solche Konflikte bald der Vergangenheit angehören", fordert Jörg Nitsch.

Die Bruttofläche der FFH-Gebiete beträgt in Hessen künftig knapp 10 % der Landesfläche. Da in den FFH-Gebieten aber kein umfassender und flächendeckender Schutz gilt, sondern nur bestimmte Lebensräume und Arten innerhalb der Gebiete den besonderen Schutz beanspruchen dürfen, schätzt der BUND, dass die tatsächlich geschützte Fläche nicht mehr als 5 % der Landesfläche umfassen wird. Mit der Meldung als FFH-Gebiet sind für Landwirte und Waldbesitzer keine neuen Belastungen verbunden. Für sie gilt nur ein "Verschlechterungsverbot", d. h. die Pflicht zur Bewahrung der heutigen Naturqualität.

Zur Verbesserung der Lebensbedingungen heute gefährdeter Lebensräume und Arten werden die FFH-Gebiete nach Meinung des BUND erst dann beitragen, wenn die naturverträgliche Wirtschaftsweise in den Gebieten durch rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen dauerhaft ermöglicht und die direkte Zerstörung der Flächen z. B. durch den Straßenbau verhindert werden kann. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Landesregierung die notwendigen Rechtsverordnungen erlassen und die unverzichtbaren Haushaltsmittel für den Vertragsnaturschutz langfristig garantieren. "Gerade im Bereich der Landwirtschaft bedeutet die Agrarwende der Bundesregierung und die Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik eine große Chance für den Naturschutz", erläutert der BUND-Vorstandssprecher. Die deutliche Erhöhung der Landesmittel für den Vertragsnaturschutz wird vom BUND ausdrücklich begrüßt. Allerdings zeigte das letzte Jahr, dass der Mitteleansatz noch weiter erhöht werden muss.

Hintergrund der Kabinettsentscheidung ist die FFH-Richtlinie von 1992, eine Naturschutzvorschrift mit der die Europäische Kommission einen europaweit einheitlichen Schutzstandard durch den Aufbau eines großräumigen Lebensraum-Verbundsystems einführte. Nachdem Deutschland wegen der unzureichenden und verspäteten Mitteilung der FFH-Gebiete an die Europäische Kommission bereits vom Europäischen Gerichtshof verurteilt wurde, melden derzeit alle Bundesländer die noch fehlenden Gebiete, um einer zweiten Verurteilung und den dann fälligen Strafgebühren in dreistelliger Millionenhöhe zu entgehen. Die vollständige Meldung sollte nach der Richtlinie bereits Mitte Juli 1995, also vor etwa neuen Jahren erfolgen.