24. November 2005
Abbau von Bürger- und Verbandsbeteiligungsrechten ist europa- und völkerrechtswidrig!
Von: BUND Hessen
Frankfurt. Der hessische Landesverband des BUND kritisiert den von der hessischen Landesregierung vorgelegten Entwurf für ein "Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung von Zulassungsverfahren für Verkehrsprojekte", mit dem eine erhebliche Reduzierung der Beteiligungsmöglichkeiten von Naturschutzverbänden und betroffenen Bürgern an Genehmigungsverfahren für Infrastrukturvorhaben beabsichtigt wird. Die Vorschläge, die von der sogenannten "Posch-Kommission" erarbeitet wurden, sind nach Auffassung des BUND nicht vereinbar mit Vorschriften des EU-Rechts und völkerrechtlich geschlossenen Verträgen.
Der BUND kritisiert insbesondere die vorgesehene Abschaffung der Pflicht zur Durchführung eines Erörterungstermins im Planfeststellungsverfahren sowie die Verkürzung der Stellungnahmefrist für anerkannte Naturschutzverbände.
Nach Auffassung des BUND bietet der Erörterungstermin bisher den Betroffenen die Gelegenheit zur Diskussion aller persönlichen und fachlichen Belange mit den Sachverständigen und den Vertretern der Behörden. Den Behörden bietet er die Möglichkeit, die Informationen und Vorschläge der Betroffenen und der Verbände zu diskutieren und ggf. mit "Heilungsmaßnahmen" darauf zu reagieren. Außerdem können die verschiedenen Interessen auf dem Erörterungstermin zum Ausgleich gebracht werden.Dirk Teßmer, BUND-Vorstandssprecher: "Zu befürchten ist, dass der Wegfall des Erörterungstermins zu einer deutlich häufigeren Überprüfung von Planfeststellungsbeschlüssen vor den Verwaltungsgerichten führen wird. Die von Ministerpräsident Koch angestrebte Verfahrenbeschleunigung wird so sicher nicht erreicht.Die Verkürzung der Stellungnahmefrist auf nur noch zwei Wochen für anerkannte Naturschutzverbände sowie die Abschaffung einer aktiven behördlichen Informationspflicht erschwert nach Meinung des BUND die Verfahrensbeteiligung der ehrenamtlich Aktiven der Naturschutzverbände in unzumutbarer Weise.Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) habe mehrfach hervorgehoben, dass die Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände an Genehmigungsverfahren als eine besondere Errungenschaft zum Abbau des Vollzugsdefizits im Naturschutzrecht anerkannt ist. Ohne die Wahrnehmung der Belange des Umweltschutzes durch die Naturschutzverbände komme es unweigerlich zu einem Kontrolldefizit hinsichtlich der Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Schutzvorschriften.
Dirk Teßmer, BUND-Vorstandssprecher: "Wenn jetzt die Möglichkeiten dieser Interessenswahrnehmung für die Naturschutzverbände deutlich reduziert werden, wird es in Zukunft häufiger Genehmigungsentscheidungen geben, die gegen gesetzliche Vorschriften zum Natur- und Umweltschutz verstoßen. Die vorgesehenen Regelungen sind umso unverständlicher, als die Verfahrensbeteiligung von betroffenen Bürgern und Umweltschutzverbänden bislang in keiner Weise für überlange Verfahrensdauern verantwortlich waren."
Abschließend verweist der BUND darauf, dass der beabsichtigte Abbau der in Deutschland ohnehin nur in sehr restriktivem Umfang bestehenden Mitwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten an Vorhabensplanungen in krassem Gegensatz zu dem in den europäischen Nachbarländern (EU-25!) und auch den USA in den letzten Jahren mittlerweile etablierten Standard steht. Zudem würden damit die aktuellen Ziele der Europäischen Kommission sowie verbindliche Vorgaben des EU-Rechts (Umsetzung der Aarhus-Konvention) konterkariert.
Eine ausführliche Stellungnahme zum Thema ist über die Geschäftsstelle des BUND-Hessen bei Frau Eltze, Tel. 069 67 73 76 10, margarete.eltze@bund.net erhältlich.
Weitere Auskünfte gibt Ihnen:
Thomas Norgall
Naturschutzreferent des BUND Landesverband Hessen e.V.
Triftstrasse 47, 60528 Frankfurt am Main
Tel.: 0 69 - 67 73 76 14, Fax: 0 69 - 67 73 76 20
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Quelle: Landesverband