17. November 2005

Wanderfalkenschutz: Eindeutig ein fauler Kompromiss!

Von: BUND Hessen

Frankfurt. Heftige Kritik übt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) an der neuen Position des Hessischen Umweltministeriums zum Wanderfalkenschutz in der Burgruine Ehrenfels im Rheingau. "Der Umweltminister will eindeutig einen faulen Kompromiss schließen", verurteilt BUND-Vorstandssprecher Herwig Winter die Kehrtwendung des Landes. Da das Umweltministerium im Sommer diesen Jahres am 8. 6. 2005 festgestellt hatte, dass die von der Stadt gewünschte touristische Erschließung und Nutzung der Burgruine gegen das Naturschutzrecht verstoßen würde, wäre die nun angestrebte Zulassung ein vorsätzlichen Rechtsbruch. Für den BUND wäre dies ein unglaublicher Skandal: "Schlimmer kann es für den Naturschutz und den Rechtsstaat nicht mehr kommen", stellt Herwig Winter fest.

Nach einer umfangreichen Prüfung durch das Regierungspräsidium, die Untere Naturschutzbehörde des Rheingau-Taunus-Kreises und die Staatliche Vogelschutzwarte hatte Umwelt-Staatssekretär Karl-Winfried Seif am 8. 6. 2005 der Stadt Rüdesheim mitgeteilt, dass der Schutz des Wanderfalken in der Burg Ehrenfels Vorrang vor der gewünschten Erschließung der Burgruine und der Durchführung von Veranstaltungen der privaten Rittervereinigung "Manus dominus" hat. Da der Wanderfalken ganzjährig eng an seinen Brutplatz gebunden ist, gibt es auch nach der Brutzeit kein Zeitfenster, in dem die Nutzung unproblematisch ist. Diese Position soll nun wider besseren Wissens und gegen die eindeutige Rechtslage aufgegeben werden. Hintergrund ist offensichtlich eine Landesförderung in Höhe von 32.000,00 EURO, die der hessische Wirtschaftsminister der Gemeinde für die Errichtung von Toilettenanlagen übergeben hat, ohne die Stellungnahme des Umweltministeriums abzuwarten.

Dem so entstandene politische Druck hat das Umweltministerium nun nachgegeben und der Gemeinde den Abschluss eines Vertrages über eine mehrjährige Probe zur Vereinbarkeit des Wanderfalkenschutzes mit einer touristischen Nutzung vorgeschlagen. Doch dieser Vorschlag hat einen gewaltigen Haken: Die Unvereinbarkeit des Wanderfalkenschutzes mit einem häufigen Besucherverkehr und den Festen der privaten Rittervereinigung "Manus dominus" wurde in der unfreiwilligen Testphase der beiden letzten Jahre bereits bestätigt. Kaum hatte die Rittervereinigung sich im vergangenen Jahr unerlaubten Zugang zur Ruine verschafft, um dort so genannte Säuberungsarbeiten durchzuführen, hatte der Falke den Brutplatz fluchtartig verlassen. In 2005, als die Störung wieder abgestellt war, kehrte er dann an den traditionellen Brutplatz zurück.

"Nichts am Vorschlag des Umweltministeriums ist also wirklich neu", kritisiert Herwig Winter vom BUND Landesvorstand. Solange der Wanderfalke seinen heutigen Brutplatz in der Burg Ehrenfels benutzt, muss auf die Durchführung von Festen und Feiern verzichtet werden. Zielführend ist aus Sicht des BUND deshalb lediglich die Schaffung zusätzlicher Brutnischen abseits der Burg, um den Falken in diese neuen und hoffentlich auch für ihn attraktiveren Brutplätze zu locken. Erst wenn der Wanderfalke seinen Brutplatz definitiv gewechselt und in der neuen Brutnische Eier bebrütet hat, steht die Burgruine Ehrenfels für Freizeitnutzungen zur Verfügung.

Der vom Umweltministerium vorgeschlagene Pilotversuch wird vom BUND entschieden abgelehnt, weil hier der Umzug des Falken nicht abgewartet werden soll. "Nach der vom Umweltminister vorgeschlagenen Vereinbarung wird der Falke vertrieben und man hofft dann lediglich, dass er sich in einem alternativ angebotenen Brutplatz ansiedeln wird", kritisiert Bund-Vorstandssprecher Herwig Winter. Damit besteht die akute Gefahr, dass der Falke verscheucht wird, ohne sich in der Nachbarschaft anzusiedeln. Wie das Ministerium und seine nachgeordneten Naturschutzbehörden in den vergangenen Jahren selbst feststellten, ist diese Vorgehensweise aber mit dem geltenden Recht nicht vereinbar. Der überaus seltene Wanderalke darf als "streng geschützte Art" nicht von seinem Brutplatz vertrieben werden. Zudem wurde der Bereich der Weinberge bei Rüdesheim gerade wegen des langjährig traditionellen Wanderfalken-Brutvorkommens in der Burgruine Ehrenfels als europäisches Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Für den BUND ist es unvorstellbar, dass der hessische Umweltminister zunächst ein Vogelschutzgebiet für den Falken ausweist, dann öffentlich erklärt, dass der Schutz des Falken Vorrang vor der angestrebten neuen Nutzung der Burg haben muss, um sich dann selbst aktiv an der Zerstörung des Wanderfalkenbrutplatzes zu riskieren.

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Quelle: Landesverband