15. Dezember 2006
BUND kritisiert ungebremsten Flächenverbrauch im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main
Von: BUND Hessen
Frankfurt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Hessen, kritisiert den ungebremsten Flächenverbrauch im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main, den die Verbandskammer des Planungsverbandes mit der absoluten CDU-Mehrheit und den Stimmen der FDP beschlossen hat. "Die Politik sollte sich Baden-Württemberg zum Vorbild nehmen"; so BUND-Vorstandssprecher Herwig Winter.
Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg hatte in einer Regierungserklärung angekündigt, in einigen Jahren keine neuen Flächen mehr verbrauchen zu wollen. Und der Landwirtschaftsminister wurde in einer bedeutenden Tageszeitung von Anfang September in diesem Zusammenhang mit den Worten zitiert: "Es sind die Böden, es ist die landwirtschaftliche Nutzfläche für unsere Kinder. Was jeden Tag zugebaut wird, steht der Natur nicht mehr zur Verfügung." In Baden-Württemberg gibt es seit 2003 eigens ein Förderprogramm mit der Bezeichnung Melap (Modellprojekt zur Eindämmung des Landschaftsverbrauchs durch Aktivierung des innerörtlichen Potenzials), um dem Flächenverbrauch entgegenzuwirken.
Die hessische Landesregierung hätte allen Grund, sich eine Scheibe davon abzuschneiden, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Roland Koch sich den Ausbau der Energiebereitstellung auf der Basis von Biomassenproduktion auf die Fahnen geschrieben hat. Biomassenerzeugung aber benötigt landwirtschaftliche Nutzfläche. Wer solche Flächen vor dem Hintergrund der auch hier zu Lande rückläufigen demographischen Entwicklung leichtfertig zu Beton- und Asphaltwüsten macht, handelt verantwortungslos gegenüber den Menschen in der Region, besonders aber gegenüber künftigen Generationen.Würde der mit der Mehrheit von CDU und FDP gefasst Beschluss des Planungsverbandes vom 13. 12. 2006 unverändert erhalten bleiben, würde sich der Umfang der Siedlungs- und Verkehrsfläche im bereits hochverdichteten Ballungsraum Rhein-Main in weniger als 15 Jahren um weit über 10 % erhöhen, denn die Parlamentarier stimmten einem Entwurf zu, der allein die heutige Siedlungs- und Verkehrsfläche von ca. 65.000 Hektar um über 6.000 ha Siedlungsfläche bis 2020 erweitern würde. Hinzu käme noch der Flächenverbrauch durch neue Straßen und den Flughafenausbau in Frankfurt.
Unversiegelte Landschaft ist in unseren Breiten stets mit Pflanzen bewachsen. Pflanzen sind aus mehrerlei Gründen für alles Leben, insbesondere aber für das menschliche Leben auf der Erde unverzichtbar, da sie Nahrung produzieren, Kohlendioxid aufnehmen und dafür Sauerstoff abgeben, Holz als Baustoff liefern und nicht zuletzt Biomasse zur Energieversorgung herstellen.
Die Probleme um die Versorgung mit Nahrungsmitteln werden von den meisten Entscheidungsträgern aber noch nicht in gleichem Maße wahrgenommen wie die um die Energieversorgung. Doch mit der heutigen Art und Weise der Nahrungsmittelproduktion wird global das Prinzip der Nachhaltigkeit, wie es in der Agenda 21 des Umweltgipfels in Rio de Janeiro formuliert wurde, in mehrfacher Hinsicht verletzt. Zum einen werden insbesondere fossile Energieträger in einem Maße eingesetzt, dass oft ein Vielfaches der Energie, die letztendlich in der Nahrung enthalten ist, bei ihrer Produktion zum Einsatz gelangt. Zum anderen wird bei der Nahrungsmittelproduktion auf Billigimporte selbst aus Hungerländern zurückgegriffen und damit das Agenda-Prinzip der sozialen Gerechtigkeit und Ausgeglichenheit mit Füßen getreten.
Derzeit werden in Deutschland täglich nahezu 100 ha Fläche den Nutzungen Siedlung, Industrie und Verkehr zugeführt, ein Großteil davon wird neu versiegelt. Dieser Trend muss rasch beendet werden, um Zukunftsfähigkeit im Sinne der Agenda 21 zu erlangen. Die Siedlungspolitik muss sich endlich umstellen vom Verbrauch immer neuer, unverbauter Flächen auf die Sanierung von Altbauten und das Recycling nicht mehr genutzter Gewerbeflächen. Wirtschaftliches Wachstum ist auch durch Renovierung, Umbau oder Neuaufbau machbar, ohne dass deshalb ständig neue Flächen in Anspruch genommen werden müssen.
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Thomas Norgall
Naturschutzreferent des BUND Landesverband Hessen e.V.
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Quelle: Landesverband