31. Juli 2006

Hessisches Ried bedarf einer nachhaltigen Grundwasserbewirtschaftung

Von: Herwig Winter

Kreis Bergstraße. In einem offenen Brief wendet sich der Naturschutzbeirat des Kreises Bergstraße an Regierungspräsident Gerold Dieke und fordert ihn auf, Sorge für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Grundwassers im hessischen Ried zu tragen. Nachhaltigkeit bei der Trinkwassergewinnung bedeutet in den Augen des Beirats, dass nicht mehr Wasser gefördert wird als sich in natürlichen Versickerungsprozessen nachbildet.

Unabdingbar ist in diesem Zusammenhang deshalb der konsequente Schutz des Grundwassers vor dem Eintrag von Schadstoffen, und das nicht nur im hessischen Ried. Natürliche Grundwasseranreicherung geht stets auf Niederschläge zurück; das Wasser ist frei von Mineralstoffen. Im Gegensatz dazu enthält aufbereitetes Rheinwasser Salze, was insbesondere dann, wenn das Wasser zur Beregnung in der Landwirtschaft eingesetzt wird, langfristig eine Versalzung der Böden zur Folge hat. Dadurch werden landwirtschaftliche Nutzflächen mit Böden der besten Qualität, wie sie im Ried derzeit vorhanden sind, gefährdet.

Eine Erhöhung der Förderquote, wie sie die Riedgruppe Ost beantragt hat, ließe sich jedoch nur umsetzen mit einer gleichzeitigen Erhöhung der Rheinwasserinfiltration.Eine weitere Erhöhung und Abhängigkeit von der Rheinwasserinfiltration ist auch kritisch zu sehen vor dem Hintergrund, dass durch die fortschreitende Klimaerwärmung die Alpengletscher dramatisch abschmelzen. Das hat zur Folge, dass die Wasserführung im Rhein in gleicher Weise drastisch reduziert werden wird. Es ist also damit zu rechnen, dass in absehbarer Zukunft Wasser für eine Infiltration nicht mehr in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung stehen wird.

Der Naturschutzbeirat weist in dem offenen Brief auch darauf hin, dass Fehlentscheidungen in der Vergangenheit verheerende Folgen für den Forst, die Landwirtschaft, den Gebäudebestand und nicht zuletzt für Naturschutzgebiete wie die Weschnitzinsel hatten. Auch die Tatsache, dass die Gradation des Maikäfers immer mehr Flächen umfasst und zu einem unlösbaren Problem zu werden droht mit zunehmenden Schäden in der Forstwirtschaft, ist eine direkte Folge der Grundwasserabsenkung durch die großen Wasserwerke seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Den warnenden Stimmen, die damals bereits auf die negativen Folgen hinwiesen, war mit der irrigen Behauptung begegnet worden, die verschiedenen Grundwasserhorizonte seien durch Tonschichten strikt voneinander getrennt. Der Naturschutzbeirat äußert deshalb zum Abschluss seines offenen Briefes an den Regierungspräsidenten die Erwartung, dass die warnenden Stimmen der Gegenwart nicht in gleicher Weise verhallen wie die der Vergangenheit, damit folgende Generationen nicht vor gänzlich irreparablen ökologischen Schäden stehen.

V.i.S.d.P.: Herwig Winter, Naturschutzbeiratsvorsitzender