22. September 2006

Landesregierung plant Aufhebung der Landschaftsschutzgebiete

Von: Karin Eckes

Kreis Bergstraße. Aus Anlass der geplanten Novellierung des Hessischen Naturschutzgesetzes ruft der BUND-Kreisverband Bergstraße alle Bürgerinnen und Bürger der Region dazu auf, der Hessischen Landesregierung Protestmails zu senden. In mehreren Tageszeitungen werden an diesem Wochenende hierzu Anzeigen erscheinen, die nochmals eindringlich auf die unter anderem geplante Aufhebung der Landschaftsschutzgebiete und die immense Tragweite dieses Vorhabens hinweisen sollen. Eine kürzlich durchgeführte Informationskampagne zu diesem Thema auf dem Ökomarkt in Lindenfels habe gezeigt, dass die Planungen der Landesregierung der breiten Öffentlichkeit scheinbar gar nicht bekannt sind, so der Kreisvorsitzende Georg Niedermayer. Mit Erstaunen und Empörung habe die deutliche Mehrheit der Standbesucher auf dieses Vorhaben reagiert und in großer Zahl an der hierzu durchgeführten Unterschriftenaktion teilgenommen, so Niedermayer weiter. Auch der Aufruf, sich direkt per E-Mail an den Hessischen Umweltminister zu wenden, hat großen Erfolg erzielt: Rund 5000 Bürgerinnen und Bürger haben sich bislang am Protest beteiligt.

Erklärtes Ziel des Umweltverbandes ist es, die Schutzkategorie "Landschaftsschutzgebiet" sowie den besonderen Schutz einer Reihe von Biotoptypen, darunter den für Streuobst, zu erhalten. Der Kreis Bergstraße ist hiervon besonders betroffen. Beim BUND-Kreisverband ist man sich sicher, dass eine Aufhebung der genannten Schutzkategorien ausgesprochen negative Auswirkungen haben würde, denn derzeit genießt das Landschaftsschutzgebiet Bergstraße/Odenwald einen hohen Stellenwert als Erholungsgebiet. Weit über Hessen hinaus ist die "Blühende Bergstraße" ein Markenzeichen und wird als Werbeslogan benutzt. Man kann den Unterschied entlang der Bergstraße zwischen einer Region, die seit Jahrzehnten unter Landschaftsschutz steht, und einer Region, die diesen Schutz nicht innehatte, leicht und gleichzeitig eindrucksvoll in Augenschein nehmen, wenn man die hessische mit der baden-württembergischen Bergstraße vergleicht. Der blühenden Bergstraße in Hessen steht eine von Steinbrüchen zerklüftete und von Wohnsiedlungen bis in die Kuppenlagen verbaute Bergstraße in Baden-Württemberg gegenüber. Diese Negativentwicklung konnten die Kommunen im Landkreis Bergstraße nur mit Hilfe der Landschaftsschutzverordnung für das Landschaftsschutzgebiet Bergstraße/Odenwald abwenden. "Die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte auf dem Gebiet des Natur- und Umweltschutzes stehen nun auf dem Spiel", so Georg Niedermayer.

Auch eine Reihe von Odenwaldgemeinden konnte mit Verweis auf den Landschaftsschutz bisher erfolgreich die Errichtung von Windkraftanlagen in landschaftlich besonders sensiblen Bereichen verhindern. Es ist nicht zuletzt dieser in der Vergangenheit erfolgreichen Landschaftsschutzpolitik zu verdanken, dass die UNESCO dem Landschaftsschutzgebiet Bergstraße/Odenwald am 13.02.2004 den Status eines Geoparks zuerkannt hat. Im Ballungsraum Rhein/Neckar stellt das Landschaftsschutzgebiet Bergstraße/Odenwald also auch einen nicht zu unterschätzenden Wirtschaftsfaktor dar. Ohne Landschaftsschutz werden die Kommunen dem Druck zur Ansiedlung von Wohn- und Gewerbebebauung selbst in landschaftlich sensiblen Bereichen, wo auch kein Bürgermeister es haben möchte, nicht standhalten können.

Zu den Ausführungen einiger Politiker, die orakeln, mit einem bisschen guten Willen werde sich auch durch den Wegfall gesetzlicher Regelungen nichts am Erscheinungsbild der Kulturlandschaft Bergstraße/Odenwald verändern, erklärt Georg Niedermayer: "Natürlich wünschten wir, dass der Tag kommt, an dem die Wichtigkeit des Natur- und Umweltschutzes derart im Denken und Handeln der politisch Verantwortlichen verwurzelt ist, dass allein der gesunde Menschenverstand zur Wahrung unseres Lebensraumes ausreicht und damit gesetzliche Regelungen überflüssig würden. Die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit haben jedoch gezeigt, dass wir von diesem Punkt weiter entfernt sind als je zuvor - zu groß ist bereits jetzt die Beschneidung der Umweltverbände in ihren Möglichkeiten zur Einflußnahme durch die Hessische Landesregierung. Als Umweltverband setzen wir uns seit Jahrzehnten nicht nur für den Schutz von Natur und Umwelt ein, wir haben mühsam erreicht, dass dieser Schutz gesetzlich verankert wird. Darum gilt es jetzt zu kämpfen. Nur der Protest der Bevölkerung wird diese Gesetzesnovellierung noch stoppen können. Deswegen hoffen wir auf eine hohe Beteiligung an der Protestmail-Aktion".

Email-Adresse: Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz:
poststelle@hmulv.hessen.de