10. Dezember 2007

48 Tage bis zur Landtagswahl: Vom Zustand unserer hessischen Wälder

Von: Otto Löwer

Frankfurt. BUND Vorstandssprecher Otto Löwer nimmt in einem aktuellen Kommentar auf der Website des BUND Hessen zur Landtagswahl www.hessenwahl.bund-hessen.de zum Zustand der hessischen Wälder und zur Waldpolitik Stellung.

"Die Zustände in unseren Wäldern sind beklagenswert. Die nachhaltige Nutzung des Waldes, auf die sich die Forstwirtschaft so gerne beruft, hat an Überzeugungskraft verloren, denn das Primat der ökologischen Bedeutung des Waldes hat stark gelitten. Die drei gleichermaßen wichtigen Bereiche Ökologie, Erholung und Bewirtschaftung haben sich stark in Richtung Holzwirtschaft entwickelt.

In hessischen Wäldern fällt selbst dem naturliebenden Wanderer und Spaziergänger, auf, dass der Holzeinschlag in den letzten Jahren sehr verstärkt wurde und dass sogar bei Laubtrieb noch gefällt und gesägt wird.

Wenn allerdings unter nachhaltige Forstwirtschaft nur das Nachwachsen von Biomasse im Verhältnis zum Einschlag verstanden wird, dann wird die ökologische Rolle, die der Wald für uns alle spielen soll und muss vernachlässigt. Es ist nun einmal kein Gleichgewicht zwischen der nachwachsenden Biomasse der vielen Jungbäume und der Rodung alter, wertvoller Bäume zu erkennen, denn Letztere sind für die Tier- und Pflanzenwelt und auch für Klima, als Luftfilter und Feinstaubfänger von überragender Bedeutung. Der hessische Waldzustandsbericht 2007 zeigt, dass unsere Wälder noch immer leiden und es gar keinen Anlass für Entwarnung geben darf.

Hessen ist Buchenland und statt unserem Symbolbaum längeres Leben und damit auch Gelegenheit zu geben, für das ganze Ökosystem Buchenwald ausgiebig zu wirken, werden übermäßig viele alte Buchen gefällt.

Wenn Reviere so groß werden (bis zu 2000 ha), dass ein Förster Flora und Fauna nicht mehr kenntnisreich überschauen kann, dann ist etwas falsch in hessischen Wäldern. Der Großmaschinist, der einsam die Baumstämme erntet und über den geschundenen Waldboden zieht, hat nur wenig Kenntnis darüber, in welchem Stamm Schwarzspecht oder Raufußkauz nisten oder wo die Fledermaus ihre Wochenstube hat. Die für die Tierwelt so wichtigen Bäume fallen einfach der Rationalisierung zum Opfer.

Es darf nicht sein, dass unsere Wälder zu Holzlieferanten degradiert werden. Doch die Übernutzung schreitet voran. Unsere Wälder sind schon im Visier von ausländischem Kapital, denn die Nachfrage nach Holz nimmt weiter zu. Die Ansiedlung von Großsägewerken, auch aus dem europäischen Ausland, geschieht mit Unterstützung der Landesregierung. Dies ist ein Affront gegen die mittelständischen heimischen Sägwerke, die dieser ungleichen Konkurrenzsituation nicht standhalten werden können. Der Verlust von Arbeitsplätzen im holzverarbeitenden Gewerbe ist damit vorprogrammiert.

Es gilt, die verantwortlichen Politiker daran zu erinnern, dass der Wald keine Manövriermasse im Staatshaushalt darstellt und dass er als Lebenselexier für Mensch und Tier viel zu wertvoll ist, um seine Bäume als Massengut am profitabelsten in die Holzindustrie zu bringen. Der rein auf Bewirtschaftung genutzte Wald schafft keine Identität. In solchen Wäldern geht die Phantasie nach Märchengestalten verloren. Eine die natürlichen Ressourcen schonende Holzwirtschaft ist machbar.
Es gilt aber auch, den Anteil der Waldflächen, die dauerhaft aus der Nutzung genommen werden, stetig zu erhöhen. Nur so ist das ganze Spektrum an Lebensgemeinschaften zu erhalten oder seine Verminderung zu bremsen.

Es ist längst an der Zeit das Anliegen von Horst Stern "Rettet den Wald" wiederzubeleben. Das schaffen wir nur, wenn die verantwortlichen Politiker erkennen, dass wir solidarisch für eine natürliche Waldentwicklung stehen, weil nur diese eine nachhaltige Zukunft haben wird."

Rückfragen: Otto Löwer, BUND-Vorstandssprecher, Fon 0561 65277, otto-loewer@bund.net