2. Oktober 2008

Rot-Grüne Koalitionsverhandlungen: Fehlplanungen der Infrastruktur vermeiden

Von: Thomas Norgall

Der Landesverband Hessen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erhofft sich von den Koalitionsvereinbarungen eine drastische Reduktion im Flächenverbrauch und insbesondere deutliche Korrekturen bei der Planung der Verkehrsinfrastruktur.

Angesichts abnehmender Bevölkerungszahlen muss die Trendwende eingeleitet werden, so dass die Neuversiegelung der freien Landschaft schnellstens beendet wird. Der BUND fordert SPD und Bündnis 90 / Die Grünen auf, sich in der Koalitionsvereinbarung auf eine strikte Reduktion des Flächenverbrauchs zu verständigen. „Bis 2015 sollte der tägliche Flächenverbrauch von heute 4 Hektar pro Tag auf 2 Hektar pro Tag gesenkt werden“, fordert BUND Vorstandsmitglied Herwig Winter.

Den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Frankfurter Flughafens soll die neue Landesregierung eigenständig auf seine Rechtmäßigkeit prüfen, so dass insbesondere das politische Versprechen eines "strikten Nachtflugverbotes zwischen 23 und 5 Uhr" noch umgesetzt werden kann. In diesem Punkt muss die SPD zu ihrer langjährigen Zusage zurückfinden, wenn sie umweltpolitisch glaubwürdig sein will.

Für den ökonomisch unsinnigen Neubaus des Flughafens Kassel-Calden soll die neue Landesregierung keine Subventionen bereitstellen. BUND-Vorstandsmitglied Brigitte Martin: „Da selbst der Flughafen 'Hahn' immer noch defizitär arbeitet, überwiegt beim Neubau von Kassel-Calden das gewaltige Risiko einer Investitionsruine deutlich“. Der BUND erinnert daran, dass sich die Lufthansa und andere Vertreter der Luftfahrt deutlich gegen dieses Projekt ausgesprochen hatten. Zudem widerspricht das Projekt klar der Flughafenpolitik der Bundesregierung und dem vom SPD-Bundesverkehrsminister Tiefensee vorgelegten Flughafenkonzept.

Bei den Autobahnen fordert der BUND den Verzicht auf den Weiterbau der A44, der 49 und insbesondere ein Ende der staatlichen Planspiele für eine A4. Bundesstraßen: Nachdem die OU Königstein/Ts. im Zuge der B8 und die Neuplanung der B87 durch das Biosphärenreservat Rhön vor Ort von SPD und Grünen kritisiert werden, dürften diese Verkehrsprojekte wohl einvernehmlich auf die politische Ablehnung der Koalitionspartner stoßen. Nach der Kostenexplosion der bisherigen Amtstrasse für die OU Mörlenbach im Zuge der B38a fordert der BUND einen Schwenk auf die von ihm seit vielen Jahren akzeptierte Trasse W4. Für alle Straßenbauprojekte forderte der BUND die Berücksichtigung aktueller Verkehrszählungen, in denen sich die Bevölkerungsabnahme und die Konsequenzen der LKW-Maut und der LKW-Durchfahrtsverbote widerspiegeln.

Die ICE-Neubaustrecke Rhein-Main/Rhein-Neckar wird vom BUND grundsätzlich unterstützt. Allerdings sollte die Landespolitik hier die sich vor Ort abzeichnenden Konsenslösungen aufgreifen, so dass die Südausschleifung von Darmstadt entfällt und im Landkreis Bergstraße ein weitgehender Schutz der als Natura 2000-Gebiete ausgewiesenen Riedwälder und der Bevölkerung durch eine großzügige Tunnellösung realisiert werden kann.