26. März 2009
Staudinger: Es geht auch anders! Block 6 hat viele Alternativen
Von: Dr. Werner Neumann
Der Himmel lichtete sich am Morgen, die Wasserdampfschwaden quollen in der Morgensonne aus dem Kühlturm des Kraftwerks Staudinger in immense Höhen und trugen in grauen Wölkchen die Schadstoffe und ungenutzte Abwärme des Blocks 5 über Dutzende von Kilometern in das Kinzigtal und den Wald des Spessarts.
Zahlreiche Alternativen
Am 3. Tag des Erörterungstermins ging es um Alternativen zum 1100 MW (Strom) Kohleblock Nr. 6 den die Einwender einmütig ablehnen. Vielfältig waren die Alternativvorschläge - ein Gas- und Dampfkraftwerk, längere Laufzeiten des vorhandenen Gaskraftwerks, kleinere Kohlekraftwerke, dezentrale Blockheizkraftwerke, Strom aus Sonne, Wind, Biomasse, Geothermie. Festzuhalten bleibt, dass der Block 6 nicht allein den Zweck des Vorhabens erfüllen kann. Andere Varianten können umweltfreundlicher sein.
Umfassendes Konzept des BUND
Dr. Werner Neumann vom BUND stellte beim Erörterungstermin ein umfassendes Konzept vor. Von den geplanten 7 Mrd. kWh Strom /Jahr sollen 2 Mrd. durch Einsparung und effizientere Nutzung von Strom eingespart werden. Der Grundbedarf des Stroms von 2,5 Mrd. kWh soll aus dezentralen Blockheizkraftwerken in Hessen und Bayern betrieben mit Erdgas und Biomasse stammen. 1 Mrd. kWh sollen aus neuen Windkraftanlagen kommen, deren Leistung durch den bestehenden Gasblock abgesichert wird. Insgesamt so Neumann, bringt dieses Konzept 70% weniger CO2-Emissionen, 50% weniger Stickoxide, 100% weniger ungenutzte Abwärme, zehnmal mehr Arbeitsplätze als der Kohleblock 6. Zudem sind die Gesamtkosten der Stromerzeugung 40% geringer. Das "Zukunftskraftwerk" des BUND ist technisch schnell realisierbar, wirtschaftlich und ökologisch günstiger und erfüllt alle Erfordernisse der Raumordnung-Prüfung.
Breiten Raum nahm die Kritik der Methodik ein, wie die Alternativen bestimmt, berechnet und bewertet wurden. Matthias Möller-Meinecke, Rechtsanwalt der Kommunen Hanau, Alzenau und Hainburg zeigte, dass EON weitgehend selbst die Alternativvarianten definiert hatte und das Regierungspräsidium unterlassen hatte, eigenständige Kriterien vorzugeben. Seltsam aber kaum verwunderlich, dass dann umweltfreundlichere Lösungen wie Gaskraftwerke oder erneuerbare Energien schlechter abschnitten als ein ineffizientes Kohlekraftwerk. Anders gesagt: wenn der Metzger seine eigene Wurstplatte prüft, kommen vegetarische Lösungen zu kurz. Wie schon oft, forderten die Einwender, dass das Land Hessen eigenen Sachverstand und/oder unabhängige Gutachter einschaltet und sich nicht auf EON als Gutachter des eigenen Vorhabens verlässt.
Wirtschaftlichkeit ist Betriebsgeheimnis
Auffällig ist, dass bei der Beurteilung der Alternativen die Kriterien der Raumordnung, die primär geprüft werden sollen, nicht im Mittelpunkt stehen. Für EON steht dagegen die Wirtschaftlichkeit im Zentrum. Umweltfreundliche Alternativen wären angeblich teurer. Als Dr. Neumann vom BUND aber eine Vorlage der Wirtschaftlichkeitsberechnung von EON forderte, hieß es nur lapidar: "Betriebsgeheimnis".
Und noch eines: Obwohl ein "länderübergreifendes" Raumordnungsverfahren durchgeführt wird, wurden Alternativen umweltfreundlicher Stromerzeugung und schädliche Auswirkungen auf Bayern bisher in keiner Weise berücksichtigt. Auch wurde noch kein Behördenvertreter aus Bayern gesichtet.
So wird denn nun am Freitag das Raumordnungsverfahren auf unklarer wirtschaftlicher Grundlage mit nicht nachvollziehbaren Berechnungen von EON ohne klar und unabhängig definierte Prüfungskriterien fortgesetzt werden. Thema am Freitag sind die Emissionen des geplanten Kohlekraftwerks. Gutachter der Kommunen und des BUND werden zeigen, dass an diesem kritischen Punkt die Berechnungen mit erheblichen Fehlern verbunden sind, und die Schadstoffbelastungen von EON deutlich unterschätzt werden.