17. September 2009
EBS-Müllverbrennung: „Ein nur schwer erträgliches Urteil“
Von: BUND Hessen
„Die Abweisung unserer Klage aus formalen Gründen ist nur schwer erträglich, weil damit die Gesundheitsrisiken von Menschen und die Gefahr einer Beeinträchtigung geschützter Ökosysteme bestehen bleiben“, bemängelt Brigitte Martin vom Landesvorstand vom BUND Hessen. Das gestern vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel gefällte Urteil zur Ersatzbrennstoff-Müllverbrennung (EBS-Müllverbrennung) im Industriepark Höchst im Frankfurter Westen steht zudem im Widerspruch zur Entscheidung anderer Oberverwaltungsgerichte, so dass der Senat die Revision beim Bundesverwaltungsgericht „wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage“ zugelassen hat. Die Klage des BUND wurde abgewiesen, obwohl das Gericht sich der Meinung des BUND angeschlossen und einen massiven Fehler des Regierungspräsidiums Darmstadt bei der Anwendung des Naturschutzrechts bestätigt hatte. Diese Feststellung führte lediglich aus formalen Gründen nicht zum Klageerfolg des BUND. Der VGH entschied nämlich, dass der BUND diesen Verstoß gegen das Naturschutzrecht vor Gericht nicht rügen dürfe, obwohl genau diese Rechtsfrage bereits von Oberverwaltungsgerichten in Münster und Schleswig im Tenor zugunsten der Naturschutzverbände entschieden wurde.
„Die restriktive Auslegung der Rechtslage durch den Senat kam für uns völlig überraschend“, erläutert Brigitte Martin. Bemängelt wurde vom VGH, dass die Behörde nicht geprüft hatte, ob die Schadstoffeinträge durch Stickstoff Schutzgebiete in der Nachbarschaft der EBS-Müllverbrennung „erheblich beeinträchtigen“ werden. Unverständlich ist für den BUND auch die Meinung des Senates hinsichtlich der Einhaltung des ab dem 01. Januar 2010 geltenden Grenzwertes für Stickstoffdioxid, einem gesundheitsgefährdenden Gas. Die Kritik des BUND an der Genehmigung des Regierungspräsidiums Darmstadt wurde vom Senat ebenfalls aus formalen Gründen zurückgewiesen. Das Gericht bemängelte, dass die maßgebliche Einwendung des BUND, die zur Offenlage der Genehmigungsunterlagen erfolgte, zu unkonkret gewesen sei, so dass das spätere, ausführliche Vorbringen des Verbandes für das Urteil insgesamt nicht berücksichtigt werden könne. Auch diese Einschätzung kam für den BUND unerwartet, weil diese Auffassung bis zur mündlichen Verhandlung von keinem Beteiligten vertreten worden war.
Gänzlich unklar ist für den BUND, worauf der Senat seine Einschätzung stützt, dass der künftig geltende Grenzwert für Stickstoffdioxid eingehalten werde. Zu der Frage, wie dies gelingen kann, war nicht verhandelt worden und auch in den vorher erfolgten Schriftsätzen des Regierungspräsidiums und des Betreibers wurde keine Lösung aufgezeigt, wie dies gelingen könnte. Unstrittig ist vielmehr, dass der ab 2010 geltende Grenzwert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft (μg/m3) im Jahresdurchschnitt bereits seit Jahren an der maßgeblichen Messstation in Frankfurt-Höchst mit Werten um 47 Mikrogramm um über 17 % und damit sehr deutlich überschritten (Jahr 2006: 47,2 μg/m3; Jahr 2007: 47,83 μg/m3, Jahr 2008: 46,1 μg/m3) wird.