19. Januar 2010
BUND-Kartierung der hessischen Streuobstbestände belegt großes Pflegedefizit / Jetzt handeln!
Von: BUND Hessen
Über zwei Jahre waren Orts- und Kreisverbände des Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) in 40 Gemeinden Hessens unterwegs. Mit einem Ziel: der Erfassung der hessischen Streuobstbestände! Diese sind trotz ihres hohen Wertes im 20. Jahrhundert um 95% zurückgegangen und wurden letztmals 1986 überprüft. Aktuell konnten nun die Merkmale von 52.819 Streuobstbäumen in 2.089 Streuobstbeständen mit einer Gesamtfläche von rund 750 Hektar erfasst werden.
BUND-Vorstandssprecher Jörg Nitsch ruft zum Handeln auf: „Rund 40% der Bäume befinden sich in schlechtem Pflegezustand und weitere 36% werden als maximal mäßig gepflegt eingestuft. Dies ist fatal, da es sich beim Streuobst um ein nutzungsabhängiges Kulturbiotop handelt, das durch Baumschnitt und Pflege des Unterwuchses gesund gehalten werden muss.“ Da die Pflege vieler derzeit noch betreuter Ausgleichmaßnahmen nicht dauerhaft sichergestellt ist, wird sich der Anteil von Beständen mit fehlender Pflege voraussichtlich noch erhöhen.
Die Baumgesamtanzahl konnte seit 1986 in etwa gehalten werden, doch liegen die Bestände heute weit häufiger als kleine, voneinander getrennte Flächen vor, die ihre ökologischen und landschaftsbildprägenden Funktionen somit weniger gut erfüllen können. Auf mindestens 40 % der kartierten Flächen stocken sogar weniger als 10 Bäume. Mehrere Gemeinden verzeichnen noch Bestandsrückgänge. Ursachen sind v. a. Bestandsüberalterung und neue Baugebiete, aber auch Baumschäden durch Weidevieh oder Baumkrankheiten.
Auch ist die Obstartenvielfalt gesunken. So hat der Apfel zugenommen, während andere Arten wie Kirsche, Birne und Pflaume seltener vorkommen. Dabei gewährleistet erst eine hohe Obstartenvielfalt ein breites Spektrum an Blüh- und Reifezeitpunkten, Baumgrößen und Alterstrukturen sowie vielfältige Nutzungs- und Verwertungsformen, was aus ökologischer, ästhetischer und wirtschaftlicher Sicht wünschenswert ist.
Bei der Kartierung wurden viele der in Streuobstwiesen lebenden rund 5000 Tier- und Pflanzenarten gesichtet (u. a. Steinkäuze, Spechte, Fledermäuse, Hornissen und Bienen). Und auch positive Beispiele gibt es: „Wo sich Naturschutzverbände, Obst- und Gartenbauvereine, Kleingärtner, Ökolandwirte oder Behörden um die Streuobstflächen kümmern, sind diese nachweislich in gutem Zustand“ so Sonja Gärtner von der BUND-Landesgeschäftsstelle.
Ab Ende Januar, wenn die Tage milder werden, können auch Sie aktiv werden: Erkundigen Sie sich bei örtlichen Naturschutz- oder Obst- und Gartenbauvereinen nach Baumschnittkursen oder Baumpatenschaften. Beim Einkaufen sollte zudem Obst regionaler Herkunft verlangt werden. Weitere Informationen: www.bund-hessen.de (Projekte, Streuobst)
Fotos zu Streuobstbeständen können gerne angefordert werden.