29. Januar 2010
Laufzeitverlängerung des AKW Biblis ist eine politische Geisterfahrt
Von: BUND Hessen
Der hessische Landesverband des BUND kritisiert die jüngsten Äußerungen des Fraktionsvorsitzenden der CDU im Hessischen Landtag, Christean Wagner, als untauglichen Versuch, die Menschen im Land für dumm zu verkaufen.
Weder sei zu gewährleisten, dass eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke die Energiepreise in Deutschland stabilisiere, noch stimme die Behauptung, es gebe weltweit eine Renaissance der Atomenergie.
So heißt es in einer Studie des Öko-Instituts für das Bundesumweltministerium(1): „Insgesamt lässt sich vor dem Hintergrund der beschriebenen Analyseergebnisse die Aussage treffen, dass die Hoffnung auf Strompreissenkungen bzw. –dämpfungen über den längeren Betrieb der deutschen Kernkraftwerke durch die Analyse der empirischen Daten oder der entsprechenden Modellanalysen keineswegs belegt werden kann.“
Hermann Maxeiner, BUND-Vorstandssprecher: „Eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke hätte kaum Auswirkungen auf den Strompreis, allerdings werden die Betreiber dann viele Millionen Euro an zusätzlichen Gewinnen erzielen. Das ist es, wofür Herr Wagner sich einsetzt, wenn er sich für eine Laufzeitverlängerung ausspricht.“
In einer Analyse für den BUND zu Entwicklungen in der Atombranche zog 2009 Lutz Mez, Geschäftsführer der Forschungsstelle Umweltpolitik an der Freien Universität Berlin, das Fazit, dass ein Comeback der Atomkraft nicht in Sicht sei. Weltweit seien 2009 436 Atommeiler betrieben worden, 8 weniger als sieben Jahre zuvor. Trotz einiger AKW-Neubauten wie in China oder Indien gingen weltweit deutlich mehr Meiler altersbedingt vom Netz als neue gebaut würden. In der Europäischen Union sei der Rückgang in der Atombranche besonders deutlich: Die Zahl der Atomkraftwerke sei 1988 am höchsten gewesen. Waren damals 177 Reaktoren in Betrieb, seien es derzeit noch 145. Der BUND sieht deshalb keinen nationalen Sonderweg, wenn Deutschland am Ausstieg aus der Atomkraft festhält. Belgien und Spanien wollten ebenfalls auf Atomstrom verzichten. In Europa würde außer Finnland derzeit nur Frankreich an einem neuen Reaktor bauen und in Bulgarien gehe es um die Fertigstellung eines Uraltprojektes aus sozialistischen Zeiten. Überall, wo in Europa neue Atomkraftwerke geplant würden, zeige sich früher oder später, dass dies ein teurer Irrweg ist.
Herwig Winter: „ Es ist nur schwer erträglich, dass Herr Wagner den Atomkraftwerksbetreibern nach dem Munde redet, aber die berechtigten Sicherheitsinteressen der Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet ihm kein Wort wert sind. Was sagt Herr Wagner dazu, dass im Umkreis fast aller Atomanlagen Kinderleukämien gehäuft auftreten, dass die ungeklärte Entsorgung des Atommülls und die mögliche Weiterverbreitung nuklearer Materialien die Gefahren der Atomkraftnutzung vergrößern und dass weder Biblis A noch Biblis B gegen einen Flugzeugabsturz geschützt sind?“
(1) Öko-Institut Laufzeitverlängerungen für die deutschen Kernkraftwerke? Kurzanalyse zu den potenziellen Strompreiseffekten, Bericht für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Juni 2006