25. September 2012
Vom Sperrstreifen zur Lebenslinie: BUND-Exkursion zu Biotopen am ehemaligen Eisernen Vorhang
Guido Carl übergab Reiner Cornelius symbolisch die Spende für das Grüne Band
Ein dicht bemooster Schienenstrang inmitten einer Wildnis aus Eschen, Ahorn, Eichen, Wildkirschen, Schlehe und anderen Gehölzen zeigt eindrucksvoll, wie die Natur von einen Bahndamm Besitz ergreift. Vor 60 Jahren wurde die Ulsterbahn dicht an der hessisch-thüringischen Grenze stillgelegt. Die Exkursionsgruppe des Kreisverbands Bergstraße im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) staunte über den üppigen Buschwald, der seither entstanden ist. Die 25 Teilnehmer waren in die vordere Rhön gefahren, um das Grüne Band, die jahrzehntelang unberührte Natur am ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifen zu erkunden.
Rekonstruierte Grenzanlagen
Am Point Alpha, dem ehemaligen US Beobachtungsstützpunkt, traf die Gruppe auf den Exkursionsleiter: Dr. Reiner Cornelius ist Beauftragter des BUND Hessen für das Grüne Band. Er erläuterte an der Gedenkstätte den Aufbau der ehemaligen innerdeutschen Grenze mit Kolonnenweg, Spurensicherungsstreifen, Hundelaufkorridoren, Sperrgraben, Minenstreifen, Metallzaun und vorgelagertem Hoheitsgebiet bis zur Demarkationslinie. Die Teilnehmer sahen Sperrzäune aus verschiedenen Jahrzehnten und erfuhren, wie sich das Leben der grenznahen DDR-Bewohner nach Einrichtung von 5-Kilometer-Sperrstreifen und 500-Meter-Schutzstreifen verändert hatte.
Als 1989 die Mauer fiel, gründeten Naturschützer aus Ost und West das Grüne Band, um die Biotope entlang des Eisernen Vorhangs zu erhalten. Der BUND engagiert sich in sechs Pilotregionen für das Grüne Band. Er kauft beispielsweise Flächen aus Privatbesitz auf, um zu verhindern, dass landwirtschaftliche Nutzung oder Straßenbau die Biotope zerschneiden. Die Kreisgruppe hat in diesem Jahr 1.000 Euro für das Naturschutzprojekt gespendet.
Renaturierte Flussufer und Kalkmagerrasen
Im thüringischen Wenigentaft startete die mehrstündige Wanderung, sie führte zunächst an die Ulster. Hier hat der BUND Flächen gekauft, um die mit Basaltsteinen befestigten Uferzonen zu renaturieren und Brutplätze für Eisvogel, Uferschwalbe und Flussuferläufer zu schaffen.
Nach Querung des von der Natur eroberten Bahndamms nahe der Ulster bestieg die Exkursionsgruppe den Buchenberg. Von oben kann man die Basaltkegel der Kuppenrhön überblicken und den gezackten Verlauf des Grüngürtels, der die Grenze markiert, gut erkennen. Das Grüne Band verläuft längs über den Berg, auf dem Grenzstreifen und auf thüringischer Seite befindet sich langgestrecktes Grünland. Reiner Cornelius berichtete von einem thüringischen Schäfer, der mit seinen tausend Schafen von Frühjahr bis Herbst über das offene Land am Grünen Band zieht. Die genügsamen Rhönschafe leisten einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege. Sie verhindern das Zuwachsen der Weiden, wodurch die Pflanzenvielfalt erhalten bleibt. Zusätzlich muß der Schäfer aufkommende Gehölztriebe abschlagen. Auf den Kalkmagerrasen wachsen zum Beispiel Trollblumen, Thymian, Orchideen, Glockenblumen, Silberdistel und Enzian. Mit Begeisterung fotografierten die Exkursionsteilnehmer die Disteln sowie den blaublühenden gewöhnlichen Fransenenzian und den fliederfarbenen deutschen Fransenenzian. Über den Grenzlehrpfad gelangte die Gruppe zur Buchenmühle direkt auf der Grenze. Hier hatten die Grenztruppen mitten durch das Anwesen Stacheldraht gespannt und später die Nebengebäude auf der DDR-Seite niedergerissen.
Nach der abwechslungsreichen Wanderung überreichte Guido Carl, Vorsitzender des BUND Bergstraße, den symbolischen Spendenscheck. Wer sich für das Naturschutzprojekt Grünes Band interessiert, kann in der Geschäftsstelle des BUND Bergstraße Informationsmaterial bestellen oder abholen. Das Büro in Heppenheim, Ludwigstraße 13 (Haus der Kirche) ist dienstags von 18.00 bis 20.00 Uhr geöffnet. Telefon: 06252 5189; E-Mail: bund.bergstrasse@bund.net