BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


25. August 2008

Am Tunnel führt kein Weg vorbei

Umweltschützer, Politiker und Kommunen ziehen an einem Strang

Gemeinsam mit den betroffenen Kommunen, der BI Mensch vor Verkehr und vielen Unterstützern aus der Region treten die acht in Hessen anerkannten Umweltverbände für eine menschen- und naturverträgliche Tunnelvariante für die ICE-Neubaustrecke entlang der Bergstraße ein.

Die Notwendigkeit eines Trassenneubaus als Lückenschluss im europäischen Bahnverkehrsnetz wird auch von den Umweltverbänden gesehen.

"Im deutschen ICE-Netz stellt der nördliche Oberrheingraben einen Flaschenhals dar, der aufgeweitet werden muss, um mehr Verkehr auf den umweltfreundlichen Verkehrsträger Bahn zu verlagern", so Brigitte Martin und Gerhard Eppler, Vorstände der beiden großen hessischen Umweltverbände BUND und NABU beim gestrigen ICE-Aktionstag in Lorsch.

In Anbetracht des Zusammenwachsens der Metropolregionen Rhein-Main und Rhein-Neckar werde es aber immer wichtiger, dass dies nicht auf dem Rücken der Natur und der Menschen in der Region erfolgt. "Ried und Bergstraße sind kein Bauland für den Durchgangsverkehr, sondern Lebensraum für Mensch und Natur", fasst Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des NABU Hessen, die Sichtweise der Verbände zusammen.

Angesichts gravierender Umweltprobleme wie Klimawandel, Artenschwund und wachsendem Flächenverbrauch ist für NABU, BUND und die anderen sechs hessischen Umweltverbände nur eine Lösung zwischen dem Jägersburger und dem Lorscher Wald denkbar: ein bergmännisch gebauter Tunnel.

Was die eventuellen Mehrkosten angeht, werden diese von den Verbänden in Frage gestellt. Eine oberirdische Trassenführung entlang der A67 werde aus Gründen des europäischen Naturschutzrechts mit hoher Wahrscheinlichkeit auf kaum überwindbare Hürden stoßen.

"Die oberirdische Bahn-Variante wird nach vorliegenden Erkenntnissen wegen erheblicher Eingriffe in europäische Naturschutzgebiete nicht einfach gebaut werden können, sondern man wird Alternativen prüfen müssen. All dies wird Zeit kosten – und Zeit ist Geld, wie man an den inzwischen um 265 Mio Euro gestiegenen Baukosten für das Bahnprojekt Stuttgart 21 sieht", so Eppler.

Falls die Bahn für eine oberirdische A67-Variante dennoch ein Ausnahmeverfahren anstrengen wolle, habe dies weitere planerische Hürden zur Folge. Es wird ein so genannter "Kohärenzausgleich" erforderlich, das heißt, der Zusammenhang im Netz europäischer NATURA 2000 Gebiete muss weiterhin gewährleistet werden. Dafür müssen genau die ökologischen Funktionen wieder hergestellt werden, die eine oberirdische Bahntrasse zerstört. Und der Ausgleich muss zum Zeitpunkt des Eingriffs bereits wirksam sein.

"Wo dafür die Flächen herkommen sollen, ist mir angesichts weiterer Natureingriffe in der Region schleierhaft", so Brigitte Martin vom BUND. Und so einfach zu umgehen sind diese Vorschriften nicht: Im FFH-Ausnahmeverfahren ist die EU-Kommission zu unterrichten, die ein kritisches Auge auf das Verfahren werfen wird.

Die Vorteile des Bergstraßentunnels liegen dagegen für die Umweltverbände auf der Hand: Die Menschen bleiben vom Lärm verschont, der Flächenverbrauch wird verringert, Wald und Grundwasser werden geschont und die Artenvielfalt in den betroffenen NATURA 2000 Schutzgebieten bleibt erhalten.

Was an Naturschätzen auf dem Spiel steht, wurde am ICE-Aktionstag im Infozelt der Naturschutzverbände eindrucksvoll demonstriert. Wälder mit alten Eichen und Buchen, Vorkommen des Rotmilans, von dem Deutschland 60% der Weltpopulation beherbergt, Amphibienarten, die in Südhessen ihren Verbreitungsschwerpunkt haben und eine reiche Insekten- und Pflanzenwelt. Neben dem Schutz der Menschen entlang der Trasse sind dies für die Umweltverbände die zugkräftigsten Argumente für den Tunnel.

"Unter einem ganzen Gebirge planerischer und faktischer Probleme kann man im Tunnel einfach hindurchfahren", sind sich die Umweltverbände einer breiten Unterstützung aus der Region sicher: "Am Tunnel führt kein Weg vorbei!"


Quelle: http://archiv.bund-bergstrasse.de/nc/presse/pressemitteilungen/detail/artikel/am-tunnel-fuehrt-kein-weg-vorbei/