BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


21. Dezember 2007

Aufbruch statt Rückschritt

Von: BUND Hessen

Vorstandssprecher Jörg Nitsch nimmt in einem aktuellen Kommentar auf der Website des BUND Hessen zur Landtagswahl www.hessenwahl.bund-hessen.de zur hessischen Umwelt- und Naturschutzpolitik Stellung.

Klimaschutz steht bei allen Parteien ganz oben auf der Liste der Umweltthemen. Die inhaltlichen Schwerpunkte sind dabei oft gegensätzlich trotz ähnlicher Ziele. Die Gewichtung gegenüber anderen, konkurrierenden Zielen ist in den Parteiprogrammen durchaus sehr verschieden. Konkrete Maßnahmen für eine wirkungsvolle Klimaschutzpolitik lassen bislang auf sich warten, klare Programme verbunden mit verbindlichen Finanzierungen und zielgerichteten Hilfestellungen fehlen meist. Die möglichen Alternativen insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien werden im politischen Raum zum ideologischen Schaulauf missbraucht und in der Öffentlichkeit zum Teil diskreditiert. Erforderlich sind abgestimmte, gesellschaftlich tragfähige und auch auf ihre ökologischen Auswirkungen hin abgeklopfte Zielsetzungen für Energieeinsparung, Effizienzsteigerung und regenerative Energien. Dies kann nur unter Beteiligung aller Betroffenen gelingen und darf nicht aufgrund politischer Duftmarken zum parteipolitischen Gezänk degradiert werden, das der Sache nicht nützt und die Inhalte nicht voran bringt.

Biomasse gegen landwirtschaftliche Vielfalt und Ökologie im Wald, Windkraft gegen Aspekte des Landschaftsbildes, Wasserkraft gegen Gewässerökologie und Atomkraft gegen die notwendige Sicherheit der Menschen sind keine geeigneten Gegensätze im öffentlichen Diskurs zur Machbarkeit einer alternativen Energieversorgung. Auch regenerative Energien müssen sich an Kriterien des Naturschutzes, des Ressourcenschutzes und der landschaftlichen Anpassung messen lassen. Aber: Wer Windräder pauschal verdammt, zu landschaftsprägenden Hochspannungs-leitungen dagegen ein unverkrampftes Verhältnis hat, bleibt unglaubhaft. Und: Wer die erkannte Klimaproblematik benutzt, um Ängste zu schüren um die Atomkraft wieder hoffähig zu machen, belegt damit nicht seine Glaubwürdigkeit sondern letztlich nur ein politisch motiviertes, kurzfristig angelegtes Vasallentum zu einer Energieform, die zu gefährlich und bereits heute bar jeder Zukunftsfähigkeit ist - hier bei uns und erst recht im Weltmaßstab.

Gleiches gilt im Bereich der Landwirtschaft. Die Diskussion zur Neuorientierung der europäischen Landwirtschaftspolitik ist in vollem Gange, aber die hessische Landesregierung zögert und verliert Zeit zur Umsteuerung der Subventionszahlungen weg von einer intensiven Bewirtschaftung hin zu einer landschaftsangepassten, biologischen Landwirtschaft, die noch dazu die Verbraucher auf ihrer Seite hat. Bio-Lebensmittel kommen zu einem immer größeren Anteil von außerhalb Hessens, ja außerhalb Deutschlands - ein Armutszeugnis der aktuellen Landwirtschaftspolitik, die umgehend in neue, zukunftsfähige Bahnen gelenkt werden muss.

Auch im Naturschutz, dem Kernbereich des Schutzes von Tieren und Pflanzen, von Biotopen, Lebensräumen und Landschaften wurden in den letzten Jahren die Räder weit zurückgedreht. Rechtliche Grundlagen zum Schutz von Natur und Landschaft wurden zurückgenommen, die Nachhaltigkeit bei der Nutzung von Naturressourcen, insbesondere dem Flächenverbrauch, wurde zugunsten von Eingriffen verschlechtert und auch die Möglichkeiten der Mitwirkung von engagierten Naturschützern in Genehmigungsverfahren und bei der Zuarbeit in Naturschutzbeiräten wurden massiv eingeschränkt. Eine offene und aktive Bürgergesellschaft sieht anders aus.

All dies zeigt auf, dass sich Natur- und Umweltschutz in den letzten Jahren in Hessen auf einem politisch verordneten Rückzug befand und von der Landesregierung nur noch als Hindernis und Bremser angesehen wurde. Und da wundert es nicht, dass Hessen sich ganz vorne in der Reihe derjenigen eingeordnet hat, die die endlich greifenden europarechtlichen Regelungen zum Erhalt von Habitaten, Tieren und Pflanzen und der Rückgewinnung von Lebendigkeit in unseren Gewässern zurückdrängen wollen.

Dies zu verhindern muss Zielsetzung für die nächsten Jahre sein!

Auch im Kleinen müssen Möglichkeiten wieder eröffnet werden über ehrenamtliches Engagement etwas für Natur und Umwelt zu tun und letztendlich der Nachhaltigkeit in all unserem Tun zum Durchbruch zu verhelfen.


Quelle: http://archiv.bund-bergstrasse.de/nc/presse/pressemitteilungen/detail/artikel/aufbruch-statt-rueckschritt/