BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


4. Juli 2006

BUND fordert Erhalt des Landschaftsschutzgebietes Bergstraße-Odenwald und der Mittelgebirgslandschaft

Von: Andreas Rossa

Der BUND Kreisverband Bergstrasse bedauert den Beschluss des Kreistages gegen eine Resolution zugunsten des Landschaftsschutzgebietes Bergstrasse Odenwald und lehnt die derzeitige Neufassung des Hessischen Naturschutzgesetzes in der vorliegenden Fassung ab. Die Neufassung muss als Frontalangriff auf seit Jahrzehnten bestehende Schutzgebiete und Schutzstandards gewertet werden. Der BUND hat sich in der Vergangenheit immer für den Erhalt des Lebensraums zum Schutz der Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren sowie für eine hochwertige intakte Umwelt als Grundlage für ein gesundes Leben eingesetzt.

In Hessen sollen die Großlandschaftsschutzgebiete aufgelöst werden, die verbleibenden Schutzgebiete unterliegen EU-Recht und können von der amtierenden Landesregierung nicht aufgelöst werden. Warum war die Auflösung von Landschaftsschutzgebieten im Wahlprogramm der CDU nicht erwähnt? Jetzt sollen mit der Möglichkeit der absoluten CDU-Mehrheit "brutalstmöglich" Landschaftsschutzgebiete aufgehoben werden, die seit über 30 Jahren existieren und ca. 20 Prozent der Landesfläche beinhalten. Von den bisherigen knapp 43 Prozent der Landesfläche bleiben weniger als die Hälfte übrig. Und nicht nur das, denn eine Vielzahl von Biotoparten, die bisher auch außerhalb von Schutzgebieten liegen, werden keinen Schutzstatus mehr haben. Hecken zum Beispiel mit ihrer äußerst wichtigen Funktion für die Artenvielfalt sind nicht mehr geschützt. Durch diese Zerstückelung von Biotopverbünden wird jahrelange Naturschutzarbeit zerstört werden. Im letzten Landtagswahlkampf wurde die Bevölkerung nicht gefragt, ob sie damit einverstanden ist Landschaftsschutzgebiete aufzulösen und einer faktischen langfristigen Entwertung und Zerstörung einer Vielzahl von Biotopen mit ihren seltenen Tieren und Pflanzen zuzustimmen. Es geht um nichts Geringeres als die Grundsatzfrage, wie mit Natur und Umwelt in Hessen, die die Voraussetzung für Lebensqualität darstellen, umgegangen werden soll. Die Hessische Verfassung verpflichtet zu einem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Daher muss nach Auffassung des BUND die Novellierung verschoben werden und die hessische Bevölkerung dazu gefragt werden. Es gibt in den letzten Jahren kein von der Landesregierung durchgeführtes Schutzprogramm zum Erhalt der Kulturlandschaft, der natürlichen Lebensgrundlagen auch für unsere Nachkommen. Es zeichnet sich vielmehr seit Jahren eine Linie der schrittweisen Zerstörung und der Verschlechterung von Umweltstandards ab.

Ohne Verantwortungsbewusstsein für künftige Generationen wird jedes Mal ähnlich argumentiert, wenn es um die Abschaffung von Umweltstandards geht. Das begann mit der Abschaffung des Wasserpfennigs, der für die Finanzierung von Wasserschutzmaßnahmen eingesetzt wurde, weiter folgten z.Bsp. die Aufhebung aller Baumschutzsatzungen, die schrittweise Verschlechterung der Pflege in Naturschutzgebieten, Aufhebung und Rodung von Bannwald in Frankfurt.

MdL Dr. Peter Lennert vertritt die Auffassung, dass sich durch die Novellierung nichts Grundsätzliches ändern würde. Doch es wird sich sehr viel ändern, nicht sofort, aber schleichend über die nächsten Jahre. Der Druck aus den Ballungszentren wird sehr groß werden, der Nutzungsdruck durch Gewerbe, Discounter, Golfclubs, Motorradsportclubs usw. ist immens. Streuobstwiesen beispielsweise sind dann nicht mehr geschützt.

Der BUND erwartet von den Befürwortern der Gesetzesnovelle an einzelnen Beispielen klarzustellen, was die Neufassung bedeutet. Die Frage lautet daher: Wie wird auf den rund 100 Streuobstwiesen, die heute noch geschützt sind, der von MdL Lennert beschriebene Artenschutz sichergestellt? Müssen 100 Gutachten erstellt werden, wird ein Sachbearbeiter entscheiden? Wie oft wird dieser diese Wiesen sehen? Ist der Sachbearbeiter im Artenschutz ein qualifizierter Fachmann, ein Biologe? Also wie wird ein vorhandener Artenschutz eigentlich erkannt? Streuobst gehört zur typisch hessischen Kulturlandschaft und sollte auch entsprechend behandelt werden.

Nicht nur der Landschaftsschutz soll wegfallen, auch die bisher grundsätzlich als schützenswert angesehen Bereiche wie Hohlwege, Alleen, Trockenmauern, Feldgehölze, Streuobst, Bach- und Talauen u.a. Landschaftsprägende Einzelbäume sollen in Zukunft nicht mehr schützenswert sein. Auf über 80% der Landesflächen entfällt der Status von schützenswerten Biotopen. Im Rahmen von Bebauungen muss da Schlimmstes erwartet werden. Orchideenwiesen beispielsweise müssen regelmäßig gemäht werden, Pflege nach Kassenlage wird Orchideenwiesen zerstören.

Dass eine verträgliche Natur/Umweltentwicklung einerseits und eine positive Wirtschaftsentwicklung andererseits möglich ist, zeigt beispielsweise das Bundesland Bayern, das schon heute im Verhältnis zu Hessen erheblich bessere Umweltstandards hat und im Deutschlandvergleich beste Wirtschaftskennziffern vorweisen kann. Als Wirtschaftsförderung muss das Landschaftsschutzgebiet Bergstraße/ Odenwald nicht abgeschafft werden. Die wirtschaftlichen Kennziffern für den Odenwald bewegen sich hessenweit im vorderen Bereich.

Der BUND wird diese Fragen auch direkt den Befürwortern der Gesetzesnovelle zur Beantwortung vorlegen und die Öffentlichkeit immer wieder informieren.


Quelle: http://archiv.bund-bergstrasse.de/nc/presse/pressemitteilungen/detail/artikel/bund-fordert-erhalt-des-landschaftsschutzgebietes-bergstrasse-odenwald-und-der-mittelgebirgslandscha/