BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


15. April 2005

Die erstaunliche Vielfalt der Falter

Von: Guido Carl

Lorsch/Einhausen. "Die Vielfalt der Schmetterlinge fasziniert mich seit meiner Kindheit", bekannte Hobby-Schmetterlingsforscher Siegfried Winkler aus Birkenau in seinem Vortrag über die Schmetterlinge der Bergstraße, den er bei der Jahreshauptversammlung des BUND Lorsch-Einhausen hielt.

Das Wunderwerk der Verwandlung vom winzigen Ei zum fertigen Insekt zog die Zuhörer ganz besonders in seinen Bann: Vom Ei über die Raupe und die Puppe bis zum Falter beinhaltet der Lebensweg eines Schmetterlings vier vollkommen unterschiedliche Lebensweisen. Wenn schon die Nahaufnahmen der Eigelege durch wundersame Formen in vollendeter Geometrie überraschten, zeigten sich die Raupen als wahre Wunder an Farbe und Einfallsreichtum der Natur. Eine besonders beeindruckende Raupe ist die des Wolfsmilchschwärmers, die Siegfried Winkler früher sehr zahlreich, heute leider gar nicht mehr auf Sandflächen bei Einhausen fand. Wie viele andere Raupen ist der Wolfsmilchschwärmer monophag, ernährt sich also nur von den Blättern einer einzigen Nahrungspflanze, eben von der Wolfsmilch. Ganze Berge von Blättern sind nötig, damit die Raupe wachsen kann bis sie "platzt" - sie häutet sich.
Meist vier Häutungen sind nötig, danach schlüpft - wenn die gefräßige Raupe nicht selbst verspeist wurde - die unscheinbare Puppe, die oft an einem Pflanzenstängel hängt. Ein schlüpfender Schwalbenschwanz, einer der prächtigsten Schmetterlinge unserer Heimat aus der Familie der Ritterfalter, war als Beispiel für die Metamorphose und letzte Lebensphase der Falter sicher ein Höhepunkt des Diavortrags - zu sehen, wie der Falter die Puppenhaut aufbricht, seine Flügel entfaltet, Blut in die Adern presst und sich nach kurzer Zeit in die Luft erhebt.

Bedrohte Vielfalt

Die meisten Menschen kennen nur wenige der knapp zweihundert Tagfalterarten, die in Deutschland leben, wie Tagpfauenauge, Zitronenfalter, Admiral oder Kleiner Fuchs. Noch weniger bekannt ist, dass der Artenreichtum der Nachtfalter mit über 3.500 Arten weitaus größer ist. "Nachts ist draußen die Hölle los", kommentierte Siegfried Winkler das Nachtleben der Insekten, "Schwärmer, Spinner, Eulen, Spanner - alle Faltergruppen sind vertreten". Besonders exzellente Flieger sind die spitzflügeligen Schwärmer, die mit bis zu 80 km/h den Fledermäusen entfliehen, auf der Stelle stehen und sogar kurze Strecken rückwärts fliegen können. Die unglaubliche Vielfalt der Schuppenflügler ist jedoch bedroht, denn 80 Prozent stehen bereits auf der Roten Liste bedrohter Arten. Ein Verlust, den die Menschen auch an unerwarteter Stelle bemerken werden, denn Nachtfalter bestäuben den Großteil der Obstbäume und vieler anderer Pflanzen.

Wieviel Geduld und Liebe zur Insektenkunde gehört, erläuterte Siegfried Winkler am Beispiel des Braunen Bärs, der zur Gruppe der nachtaktiven Spinner gehört. Auf der Suche nach einem Männchen der Art konnten nur frisch geschlüpfte Weibchen helfen, die mit ihren Duftstoffen (Pheromonen) die Männchen sogar über mehrere Kilometer Entfernung heranlocken. Überraschend und schlafraubend war die Erkenntnis, dass diese Schmetterlinge für ihr Liebesspiel offenbar nur nachts von 3 - 4 Uhr zu begeistern sind. Auch für andere Falter scheinen Uhrzeiten eine wichtige Rolle zu spielen. Um seinem Lieblingsfalter, dem Blauschiller oder Großen Schillerfalter zu begegnen, nutzte Winkler die Vorliebe des Waldschmetterlings für (aus menschlicher Sicht) eher unappetitliche Düfte wie Exkremente und menschlichen Schweiß. Sehr früh morgens legte er auf einem Waldweg Stückchen eines Harzer Käse aus und konnte feststellen, dass der Schmetterling eine feste Frühstückszeit von 9 bis 11 Uhr einhielt.

Schmetterlinge schützen kann jeder Ein Sommer ohne Schmetterlinge ist für Siegfried Winkler undenkbar. So unterstützte er abschließend auch den Aufruf des BUND an alle Menschen zur Teilnahme an der bundesweiten Aktion "Abenteuer Schmetterling". Bei der Aktion können Kinder wie Erwachsene auf einfache Weise mithelfen, die Verbreitung bestimmter Falterarten festzustellen und damit zu deren Schutz beizutragen. Weitere Informationen zu Schmetterlingen unter www.arge-helep.de und zur Aktion "Abenteuer Schmetterling" unter www.abenteuer-schmetterling.de.


Quelle: http://archiv.bund-bergstrasse.de/nc/presse/pressemitteilungen/detail/artikel/die-erstaunliche-vielfalt-der-falter/