BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


2. Juli 2019

Gerichtsentscheidung in Sachen B 38 a am 9. Juli 2019 - Kläger sind von der Gewichtigkeit ihrer Argumente überzeugt

Die Variante O2 würde Landschaft und Landwirtschaft zerstören; Freilandhaltung von Geflügel wäre nicht mehr möglich. Foto: Langklingerhof

Die Vertreter des BUND, der Bürgerinitiative Weiher (BIW) und des Langklingerhofs haben bei der zweitägigen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof Kassel (VGH) schlüssig dargelegt, dass all die Nachteile der Variante O2 zu Lasten der Menschen durch die Tunnelvariante W4 vermeidbar sind und die Anwohner an der B 38 in Mörlenbach in gleichem Maße wie bei der O2 entlastet werden. BUND-Ortsbeauftragter Herwig Winter: „Unsere Gutachter und Sachverständige haben zwei volle Tage inhaltlich gut begründet Argumente vorgetragen und damit die Gegenseite mehr als ein Mal arg in Bedrängnis gebracht.“
So befasst sich ein Beweisantrag mit der Verkehrssituation in den Ortsdurchfahrten von Weiher und Kreidach und der möglichen Entlastung der dort lebenden Menschen durch die L 3409. BIW-Mitglied Dr. Alois Göpfert: „Den Vertretern von Hessen Mobil sind die Menschen egal. Angeblich kann dem Autofahrer die Linienführung der L 3409 nicht zugemutet werden, wohl aber den Menschen in Weiher noch mehr Verkehr. Die Ortslage von Weiher hat jetzt schon mehr Durchgangsverkehr als Mörlenbach zu der Zeit, als man dort eine Umgehung gefordert hat.“
In einem weiteren Beweisantrag geht es darum, dass der aufstrebende Landwirtschaftsbetrieb des Langklingerhofs mit seinem Hofladen in den Ruin getrieben wird insbesondere während der Bauzeit, wenn die umfangreichen Bautätigkeiten in Hofnähe eine Weidetierhaltung unmöglich machen und der Baustellenverkehr die Kunden nicht mehr zum Hofladen gelangen lässt. Landwirt Hermann Wagner: „Die Vertreter von Hessen Mobil wollten sich die Fotos, die ich von meinem Hof und den Weidetieren dem Gericht vorlegte, nicht einmal ansehen. Die in Aussicht gestellte Entschädigung während der Bauzeit bringt mir verlorene Kundschaft nicht zurück. Vor allem dann nicht, wenn mein Hof und meine Weideflächen künftig direkt neben einer vielbefahrenen Bundesstraße liegen.“ Herwig Winter: „In der Wehrstraße, wo schon jetzt die Begegnung von Pkws ein Problem darstellt, will man den Anwohnern zumuten, dass während der Bauzeit der Talbrücke täglich Dutzende von Schwerlastern verkehren. Das wird trotz eines geplanten Parkverbots lebensgefährlich, denn die Lkws werden bei Begegnungen immer wieder auf den Gehweg ausweichen müssen.“
Die erheblichen negativen Auswirkungen des Lärms auf die Anwohner am östlichen Ortsrand von Mörlenbach und am westlichen Ortsrand von Weiher werden ebenfalls in einem Beweisantrag thematisiert, insbesondere was die Lärmbelastung durch den Verkehr auf der Brücke über das Weiherer Tal betrifft, aber auch bezüglich des für die Menschen so wichtigen Naherholungsgebiets rund um den Stausee. Dr. Göpfert: „Aufgrund des von der 300 Meter langen Talbrücke ausgehenden Verkehrslärms wird das Gebiet um den Stausee im Weiherer Tal als Naherholungsgebiet zerstört.“

Hintergrundinformation:

Der für Straßenrecht zuständige 2. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat am Donnerstag und Freitag fast 20 Stunden über die Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss des Landes Hessen vom 12. Januar 2014 für den Neubau einer Ortsumfahrung von Mörlenbach im Zuge der Bundesstraße 38 verhandelt. Am Freitagabend wurde die Hauptverhandlung geschlossen. Das Gericht bestimmte als Termin zur Verkündung einer Entscheidung Dienstag den 9. Juli 2019. Die Kläger haben in der zweitägigen Verhandlung ihre argumentative Rügen von zahlreichen Fehlern des Planfeststellungsbeschlusses unter Vertiefung durch den Vortrag durch vier Sachverständige dem Gericht präsentiert. Den Argumenten konnten die Vertreter des Hessischen Verkehrsministeriums und von Hessen Mobil sowie deren Sachverständige nach Überzeugung auch der zahlreichen aus Mörlenbach angereisten Zuhörer nicht überzeugend entgegentreten. Der die Kläger seit 1986 vertretende Anwalt Matthias Möller aus Frankfurt stellte am Freitagabend zum Abschluss der Hauptverhandlung 32 Anträge zugunsten einer Beweisaufnahme durch Vernehmung von Sachverständigen oder die Einholung von Sachverständigengutachten. Der Senat hat nach einer fast zweistündigen Beratung die Rechtsauffassung vertreten, dass er die angeregten Beweisaufnahmen nicht als notwendig ansehe, weshalb er die Anträge abgelehnt hat. Das Gericht bewertete auf Rückfrage die Anträge als Zusammenfassung der Hauptverhandlung durch die Kläger und Material für die richterliche Urteilsfindung. Die Kläger interpretieren die Ablehnung dahingehend, dass sie dem Gericht mit dem Vortrag Ihrer Sachverständigen bereits genug Beweismaterial für die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses geliefert haben und daher eine weitergehende Beweisaufnahme vom Senat nicht als notwendig angesehen wurde.


Quelle: http://archiv.bund-bergstrasse.de/nc/presse/pressemitteilungen/detail/artikel/gerichtsentscheidung-in-sachen-b-38-a-am-9-juli-2019-klaeger-sind-von-der-gewichtigkeit-ihrer-arg/