BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


25. November 2009

Kreistag fördert Wildwuchs von Windkraftanlagen

Von: BUND Bergstraße

Der Kreisverband Bergstraße des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert den restriktiven Beschluss des Bergsträßer Kreistags zu Windkraftanlagen, weil damit - entgegen der Absicht - dem Wildwuchs Tür und Tor geöffnet wird. In seiner Stellungnahme zum Regionalplan will der Kreistag Windräder nur dann erlauben, wenn bauwillige Gemeinden auch die Zustimmung ihrer Nachbarn einholen. „An dieser bewusst hohen Hürde dürften die meisten Standorte scheitern“, meint Guido Carl, Vorsitzender des BUND Bergstraße, „und paradoxerweise wird die Politik damit Windkraftanlagen an jedem beliebigen Ort ermöglichen - sogar auf dem Melibokus und auf der Tromm“.

Dabei gab es im Vorentwurf des Regionalplans bereits mehrere Flächen zur Windenergienutzung, außerhalb derer keine neuen Anlagen hätten entstehen dürfen. Doch weil die Politiker vor allem von CDU und FDP auf Kreis- und Regionalebene inzwischen alle Vorrangflächen aus dem Entwurf entfernten, greift nun die Privilegierung der Windkraft. "Die Politik gibt hier grundlos ihr einziges Steuerungselement aus der Hand", kritisiert Herwig Winter, Vorstandssprecher des BUND Hessen, "Will man wirklich lieber alte Atommeiler als neue Windräder sehen?"

Eine schwierige Vorlage also für die Regionalversammlung, die demnächst über die Vorschläge für den neuen Regionalplan entscheiden muss. Denn wer mehr Strom aus erneuerbaren Energien für besseren Klimaschutz will – dazu hat sich das Land Hessen explizit bekannt – kommt dabei um einen großen Anteil der leistungsstarken Windkraft nicht herum. Das gilt gerade auch für den Flächenkreis Bergstraße. Nach Meinung des BUND darf deshalb kein genereller Ausschluss – und schon gar nicht wegen des Geoparks Bergstraße-Odenwald – erfolgen und verweist Windkraftgegner auf die Gesetze. Denn danach muss im Einzelfall geprüft werden, ob Störungen durch Lärm und Schattenwurf oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Landschaftsbildes oder von Vogel- und Fledermausarten zu erwarten sind.

Auch die neue Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag viel vorgenommen. In den Zeilen 912-916 heißt es “Wir werden die erneuerbaren Energien konsequent ausbauen … Ziel ist es, dass die erneuerbaren Energien den Hauptanteil an der Energieversorgung übernehmen. … die konventionellen Energieträger (werden) kontinuierlich durch alternative Energien ersetzt.” In Hessen war das Bestreben bisher anders ausgerichtet: Die Landesregierung schimpfte öffentlich über "Windmonster", verhinderte mit neuen Gesetzen das Repowering (Ersatz alter durch leistungsstärkere Anlagen) weitgehend und strich Vorrangflächen systematisch aus den hessischen Regionalplänen. "Auf diese Weise lässt sich das selbstgesteckte Ziel zur Nutzung erneuerbare Energien in Hessen nicht erreichen", kommentiert Guido Carl die Vorgänge als wenig zukunftsweisend.

Dabei hat Hessen allen Grund, sich auf den Weg zu machen, denn es liegt im Bundesländervergleich zu erneuerbaren Energien im hinteren Bereich und wird mit einer fortgesetzten Verhinderungstaktik noch weiter zurückfallen. Bundesweit werden mittlerweile 15 Prozent elektrische Energie regenerativ erzeugt, in einzelnen Bundesländern ist die Quote mittlerweile auf über 30 Prozent angestiegen. Diese hohe Quote wurde beispielsweise in Sachsen-Anhalt erreicht. Das von der hessischen Landesregierung gesteckte Ziel für Hessen ist 20 Prozent in bis 2020. Selbst dieses wenig ehrgeizige Ziel lässt sich aber nur durch massiven Ausbau der Windkraft erreichen.

Speziell im Kreis Bergstraße ist der Beschluss des Kreistags gegen Windenergie so trostlos wie die finanzielle Lage. Unverständlich ist dem BUND, wieso die Aussicht auf zukünftige Gewerbesteuern, Zusatzeinnahmen durch Pachtzahlungen für Landwirte, regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Stromimportland Hessen in den Wind geschlagen wird. Es ist zu hoffen, dass die Regionalversammlung sich besser besinnt und damit auch den Wunsch der Bevölkerung nach deutlich verstärkter Nutzung erneuerbarer Energien, der in vielfältigen Umfragen belegt ist, in die Tat umsetzt.

Hoffnungsvoller stimmt den Umweltverband das pragmatische Verhalten einzelner Gemeinden und Beteiligter, die die Windkraft als notwendigen Schritt in die Zukunft erkannt haben und sich ganz pragmatisch für einen schrittweisen Ausbau der Windkraft einsetzen. "Windkraft ist auch für die Bergstraße ein notwendiger Hauptpfeiler der regenerativen Energieerzeugung, deshalb brauchen wir die Vorrangflächen.", bekräftigt Kreisvorsitzender Guido Carl. "Die Zeit drängt. Der Klimawandel macht keine Pause."


Quelle: http://archiv.bund-bergstrasse.de/nc/presse/pressemitteilungen/detail/artikel/kreistag-foerdert-wildwuchs-von-windkraftanlagen/