15. Juli 2016
Möglicherweise Brut des Schwarzstorchs im Eiterbachtal - Windpark Stillfüssel muss auf den Prüfstand
Schwarzstorch (Ruth Rudolph / pixelio)
Derzeit deutet alles darauf hin, dass sich der Schwarzstorch als Brutvogel im Eiterbachtal angesiedelt hat. BUND-Kreisvorstandssprecher Herwig Winter: "Damit ändert sich die Sachlage für den geplanten Windpark am Standort "Stillfüssel" grundlegend. Nun sind umfassende Untersuchungen erforderlich, ob der Schwarzstorch durch die Windenergieanlagen gefährdet wird oder nicht."
Abbau der Windmessanlage beantragt
Da von der vertikalen Seilabspannung der auf dem "Stillfüssel" errichteten Windmessanlage eine Kollisionsgefahr für den Schwarzstorch ausgeht, hat sich der BUND an Landrat Christian Engelhardt gewandt mit dem Antrag, die Anlage umgehend abzubauen und die Abspannseile bis dahin mit Sichtmarkierungen versehen zu lassen. Windmessungen lassen sich problemlos auch ohne Masten beispielsweise mit dem sogenannten SoDAR-Verfahren durchführen.
Was Windenergieanlagen selbst betrifft, zählt der Schwarzstorch weniger zu den kollisionsgefährdeten, wohl aber zu den störungsempfindlichen Arten. Der Hessische Leitfaden 2012 schreibt deshalb einen Mindestabstand der Horststandorte von 3 km zur nächstgelegenen Windenergieanlage vor. Darüber hinaus gibt der Leitfaden einen Prüfbereich in einem Radius von 10 km um den Horst an, in dem die Flugrouten zu den Nahrungsgründen zu untersuchen sind. Herwig Winter: "Der Windenergiestandort Stillfüssel kann nur dann aufrechterhalten werden, wenn die Untersuchungen unzweifelhaft nachweisen, dass von ihm keine Störung für den im Eiterbachtal vorkommenden Schwarzstorch ausgeht."
BUND fordert Untersuchung der Gefährdungslage ab Herbst 2016
Derzeit sind keine Horststandorte bekannt und niemand weiß, ob und wie viele Brutpaare Junge haben. Der BUND-Kreisverband Bergstraße hat sich deshalb an Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid gewandt und beantragt, dass bereits ab Herbst 2016 bis zum Spätsommer 2017 umfassende Untersuchungen durchgeführt werden. Schwarzstorchhorste lassen sich ohne die Gefahr einer Störung der Brut nur in der laubfreien Zeit ausfindig machen, die Flugrouten dagegen müssen während der Jungenaufzucht untersucht werden. Herwig Winter: "Am besten, der Windenergiestandort "Flockenbusch" wird gleich mit untersucht, damit beim Wegfall des Standorts "Stillfüssel" gegebenenfalls eine Alternative zur Verfügung steht. Der Standort "Flockenbusch" hat nach einer Bewertung des Regierungspräsidiums Darmstadt sowieso die besseren Bedingungen aus der Sicht des Artenschutzes, denn das Konfliktpotenzial wird hier als gering eingeschätzt".
Windenergie an Land bleibt notwendig
Um die Energiewende nicht zu gefährden, geht nach Auffassung des BUND derzeit kein Weg an Windenergieanlagen an Land vorbei, da sie von allen regenerativen Energieträgern die kostengünstigste und effizienteste Lösung darstellen und gleichzeitig den geringsten Flächenverbrauch mit sich bringen. Eine moderne Windenergieanlage benötigt dauerhaft eine Fläche von nur wenigen hundert Quadratmetern für den Betonsockel und zusätzlich etwa 1.000 Quadratmeter wasserdurchlässige Schotterfläche für Wartungsarbeiten, zusammen also etwa 0,15 ha Fläche, die nicht mehr für Forstwirtschaft genutzt werden kann. Ansonsten ist unter den Rotoren Forst- und Landwirtschaft weiterhin möglich. Um die gleiche Strommenge durch Fotovoltaik zu erzeugen, bedarf es einer Fläche von etwa 5 ha, die bei Installation auf der Freifläche keine Forst- und nur in sehr eingeschränktem Umfang Landwirtschaft zulässt. Bei der Stromerzeugung aus Biomasse beträgt die Fläche sogar 150 bis 200 ha.
Die mit Windenergieanlagen verbundenen Probleme liegen vor allem in den Bereichen Immissionsschutz sowie Arten- und Landschaftsschutz. Deshalb sollen im Rahmen der Regionalplanung in Hessen in der Größenordnung von 2 % der Landesfläche Windenergievorranggebiete ausgewiesen werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 98 % der Landesfläche frei von Windrädern bleiben. Herwig Winter: "Die Vorrangflächen müssen dort ausgewiesen werden, wo die Windhöffigkeit hoch und das Konfliktpotenzial allgemein und insbesondere mit dem Artenschutz möglichst gering ist. Hohe Windhöffigkeit gewährleistet, dass weniger Anlagen errichtet werden müssen, um die gleiche Leistung zu erzielen."