2. Januar 2009

Nachhaltigkeit ist weit mehr als Planen für die Zukunft

Von: Herwig Winter

Die Überzeugung, dass es in Sachen Ressourcenverbrauch nicht einfach so weitergehen kann wie bisher, setzt sich immer mehr durch. Der BUND-Kreisverband Bergstraße sieht sich bestätigt, wenn Politiker über alle Parteigrenzen hinweg mittlerweile anerkennen, dass etwas gegen die drohende Klimakatastrophe unternommen werden muss. Der Einsatz regenerativer Energieträger, Energieeffizienz- und Energiesparmaßnahmen, wie sie der BUND seit Jahrzehnten fordert, kommen immer häufiger auf die Tagesordnung politischer Entscheidungsgremien nicht zuletzt auch auf kommunaler Ebene. Jüngstes Beispiel ist der Vorstoß des Abtsteinacher Bürgermeisters Rolf Reinhard, der die Idee eines Bioenergiedorfes in die Gemeindevertretung trug, was vom BUND ausdrücklich begrüßt wird.

Biomasse ja, aber nicht auf Kosten von Nahrungsmitteln

Der BUND weist aber auch mit Nachdruck darauf hin, dass politische Entscheidungen nur dann zukunftsfähig sind, wenn sie sich strikt am Prinzip der Nachhaltigkeit orientieren. Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass jeglicher Verbrauch an Ressourcen nur noch in dem Maße stattfinden kann, wie sie sich durch natürliche Prozesse nachbilden. Holz kann nur in dem Maße verbraucht werden, wie es nachwächst, ohne dass der Wald dauerhaften Schaden erleidet. Das Gleiche gilt aber für jegliche nachwachsende Rohstoffe, also gerade auch für landwirtschaftliche Produkte.

Vor allem konservative Politiker legen einen Schwerpunkt auf Biomasse als nachhaltige Energiequelle. Das kann aber nur funktionieren, wenn gleichzeitig auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen Nahrungsmittel angebaut werden, da ansonsten die Ernährung der Menschheit in Konkurrenz zur Energieversorgung gerät.

Der BUND ist der Auffassung, dass alleine die bei der Nahrungsmittelerzeugung anfallenden organischen Abfälle einer energetischen Verwertung zugeführt werden dürfen, um diese Konkurrenz zu vermeiden. Katastrophal wirkt sich derzeit nämlich bereits der in südlichen Ländern um sich greifende Raubbau zugunsten der Erzeugung von Palmöl und Bioethanol aus, denn dadurch werden zum einen den oft sogar Hunger leidenden Menschen die landwirtschaftlichen Nutzflächen entzogen, zum anderen die lebenswichtigen Urwälder des Tropengürtels unwiederbringlich zerstört.

Noch mehr Beton und Asphalt ist nicht zukunftsfähig

Die Erzeugung von Nahrungsmitteln ebenso wie die von Biomasse braucht Flächen, die frei sind von Beton und Asphalt. Es ist also alles andere als nachhaltig, die in endlichem Umfang zur Verfügung stehenden Flächen immer weiter zu versiegeln. Alleine im Bundesland Hessen sind das nach wie vor pro Tag zwei bis drei fußballplatzgroße Areale.

Im Kreis Bergstraße tut sich die Stadt Bensheim mit ihren Planungsabsichten für neue Gewerbeflächen bis an die Gemarkungsgrenze nach Lorsch zu Lasten bester landwirtschaftlicher Böden hervor. Örtliche Umgehungsstraßen, wie sie die Gemeinden Fürth und Rimbach derzeit zu Lasten teilweise wertvoller Biotopstrukturen verbunden mit weiterer Siedlungsentwicklung planen, sind nicht zukunftsfähig und zudem vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung auch ganz und gar überflüssig. Das Gleiche gilt für immer neue Supermärkte mit ihrem gewaltigen Flächenverbrauch alleine für Parkplätze, wie es derzeit die Planung der Gemeinde Birkenau im Ortsteil Reisen vorsieht.

Politiker aller Entscheidungsebenen sind nach Auffassung des BUND gefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Flächenversiegelung umgehend auf Null zurückgefahren wird. Eine Neuversiegelung darf nur noch in dem Umfang stattfinden, in dem an anderer Stelle entsiegelt wird. Statt ständig neue Gewerbeflächen auszuweisen, müssen brachliegende Gewerbeflächen, die es mittlerweile in fast jeder Kommune in erheblichem Ausmaß gibt, einer erneuten Nutzung zugeführt werden. Statt ständig neue Baugebiete in bislang unberührte Landschaften hineinzutreiben, sollten die Kommunen erst einmal ihre Baulücken auf dem Weg einer Bausatzung schließen und leerstehende Wohnbestände erfassen, um ihre erneute Nutzung durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen.

Windkraft hat den geringsten Flächenverbrauch

Im Zusammenhang mit dem Flächenverbrauch weist der BUND darauf hin, dass die Nutzung von Windkraft diesbezüglich mit großem Abstand vorne liegt. Denn was pro Fläche, die von dieser Anlagentechnik in Anspruch genommen und damit sonstiger Nutzung entzogen wird, an elektrischer Energie geliefert wird, übertrifft die Fotovoltaik um mehr als das 50fache und die Biomasse um mehr als das 200fache. Das bedeutet im Umkehrschluss: Um die gleiche Menge an elektrischer Energie zu erzeugen, braucht Fotovoltaik rund 50mal und Biomasse rund 200mal mehr Fläche als Windkraft. Das ist auch der Grund dafür, dass der BUND fordert, Fotovoltaik ausschließlich auf vorhandenen Dachflächen zu installieren und Biomasse als Energieträger nur in Kombination mit Nahrungsmittelanbau zu erzeugen.