25. Mai 2017
Neue Religion in Sicht - Meinungen zur Windkraft heben in Glaubenssphären ab
Von: BUND Odenwald
Die veröffentlichte Meinung zum Bau von Windrädern im Odenwald nimmt allmählich religionsähnliche Züge an. Im Bericht vom 24.05. im Odenwaldecho sind die zentralen Worte 'barer Unsinn, offene Wunde, Sünde, höher als der Kölner Dom, Katastrophe, Irrweg und Industrieanlagen'.
Die Sprache ist offenbar der realen und detailbezogenen Welt entrückt und in eine Sphäre abgehoben, in der Glauben als Weltdeutung ausreicht. Da fahren mehrere hundert Personen mit ihren industriell hergestellten Fahrzeugen in den Wald, tragen industriell hergestellte Banner vor sich her und kehren nach ihrer Demonstration ein, um industriell hergestellte Nahrung zu sich zu nehmen.
Die Fragen nach der Sündhaftigkeit des Fleischkonsums, der Katastrophe der Benzin- und Dieselverbrennung in Automotoren und des Irrwegs der Stromerzeugung mittels Kohleverbrennung und Kernspaltung werden nicht gestellt und brauchen daher auch nicht beantwortet zu werden.
Es zählt allein die sichtbare und augenfällige Beseitigung von 1.000 Bäumen an einem Ort, den man dafür nicht genutzt wissen will. Dass allein im Odenwaldkreis Jahr für Jahr 50.000 Bäume aus dem Wald entfernt werden, um zu Spänen und Wegwerfprodukten verarbeitet zu werden, ist den Demonstranten kein Plakat wert. Bei Kahlschlägen an Straßen und auf Privatwaldflächen protestieren nur die Naturschutzverbände BUND und Nabu. Die früheren Verantwortlichen halten sich bei diesen Fragen sehr bedeckt, denn sie tragen ja jetzt die Liturgiegewänder der neuen Dystechnik-Religion. Wenn eine Gemeinde nach der anderen immer weiter Baugebiete und Gewerbegebiete für einen luxuriösen Lebensstil aus der Landschaft schneidet, bleiben die Münder stumm und kein Sprechchor ruft die Parlamente in den Städten und Dörfern zurück.
Es ist fast tragisch zu nennen, dass die Energieproduktion dieses Landes von denen lautstark kritisiert wird, die als treibende Kraft hinter ihr stehen – den normalen Strom- und Energieverbrauchern. Es ist von den Demonstranten und den politischen Machern die Verantwortung einzufordern, die ihnen ihr und unser Lebensstil abverlangt. Die sogenannte Energiewende hat als zweites von drei Kernthemen die notwendige Einsparung von Energie in den kommenden Jahren. Wer von den Windradgegnern kennt seinen persönlichen Energieverbrauch und wer hat einen Plan zur Verringerung? Das Angebot zur Bewältigung dieses Problems führt ein Nischendasein.
Der BUND-Odenwald sieht die Aktivität neuer politischer Kräfte auf diesem Sektor mit großer Skepsis. Schließlich bleiben diese Politiker jede schlüssige Antwort auf die zugrundeliegende Frage nach einer weniger umweltschädlichen Energieversorgung von 80 Millionen Menschen schuldig. Die Frage nach den Hintermännern der sehr rührigen Anti-Aktion bleibt zur großen Verwunderung medial ebenfalls ungestellt. Wer weiß denn noch, wer im vergangenen Jahr am Gesetz über die erneuerbaren Energien so weitreichende Änderungen vorgenommen hat, dass in Zukunft nur noch die großen Konzerne eine Aussicht auf Geschäft haben. Die kleinen Betreiber – allen voran über 1.000 Genossenschaften – haben das Nachsehen.
Wer heute gegen eine dezentrale Energieversorgung in den Wald marschiert, muss wissen, dass er die Agenda der Energiekonzerne unterstützt. Die 'großen 4' werden 2000 Windräder in der Nordsee realisieren, deren Strom dann mittels neuer Hochspannungsleitungen durchs Land transportiert werden muss. Die Geschäfte machen dann die 'großen 4' – befördert von einer medial vermittelten Antikampagne, für die wohl demnächst wieder Hunderte im Wald spazieren gehen werden. Was das mit Natur- und Umweltschutz zu tun hat ist für den BUND nicht ersichtlich.