27. Januar 2006

Verantwortungsvolle Energiepolitik braucht keine Partei von Opportunisten

Von: Herwig Winter

Kreis Bergstraße. Im April jährt sich zum zwanzigsten Mal der Tag der Atomreaktorkatastrophe in Tschernobyl, die damals ganz Europa in Atem hielt, weite Landstriche der Ukraine unbewohnbar machte und deren Folgen zu Lasten der Gesundheit zigtausender Menschen noch lange nachwirken wird. Der BUND-Kreisverband Bergstraße wird aus diesem Anlass als Mitorganisator zu einer Demonstration gegen den Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Biblis aufrufen. Die Pannenreaktoren in Biblis gehören zu den ältesten Anlagen Deutschlands und insbesondere der auf niedrigstem Sicherheitsniveau befindliche Reaktorblock A stellt ein hohes Sicherheitsrisiko dar.

Im Angesicht der Tschernobyl-Katastrophe hatten die Bergsträßer Freidemokraten im Juni 1986 für eine schnellstmögliche Stilllegung aller Atomkraftwerke plädiert. Damals erschien dies der FDP offenbar opportun, denn es entsprach der Stimmungslage der Bevölkerung. Doch die Stimmungslage der Bevölkerung ist wechselhaft, abhängig von der Zeit des Vergessens beziehungsweise Verdrängens schlimmer Ereignisse und von der jeweils akuten Problemlage. Genauso halten es augenscheinlich die liberalen Opportunisten, wenn sie heute ihr Fähnchen in den Wind derer hängen, die der Bevölkerung suggerieren, das Problem um russische Erdgaslieferungen lasse sich mit Atomkraft lösen.

Doch weder fossile noch nukleare Energieträger lösen, sie schaffen vielmehr für die Zukunft nahezu unlösbare Probleme. Bis heute gibt es keinen Platz auf der Erde, der eine auf Jahrzehntausende sichere Endlagerung von radioaktivem Müll ermöglicht. Und die fossilen Energieträger Kohle, Öl und Erdgas lassen bei ihrer Verbrennung den Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre ständig anwachsen mit bislang unabsehbaren Folgen für das Weltklima. Die Lösungen der Energiepolitik von heute sind damit die Probleme der Menschheit von morgen. Jeder Tag der Laufzeitverlängerung von Kraftwerken, die auf dieser Technologie von vorgestern basieren, trägt zur Verschärfung der Problemlage bei.

Wer wie die FDP Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke das Wort redet, der sollte dann wenigstens so ehrlich sein und einräumen, dass er auf Kosten künftiger Generationen, also auf Kosten von Menschen, die sich nicht dagegen wehren können, heute lebenden Menschen ein Wahlgeschenk in Form vermeintlich billigeren Stroms und angeblich sicherer Arbeitsplätze machen möchte.

V.i.S.d.P.:
Herwig Winter, Beisitzer im Kreisvorstand
Jungviehweide 23
69509 Mörlenbach
Fon: 06209/4353
Fax: 06209/8970
E-Mail: herwig.winter@bund.net