Percy Schmeiser in Bensheim

Percy Schmeiser beim BUND Bergstraße. Fotos: Thomas Neu
Percy Schmeiser beim Vortrag de BUND Bergstraße. Fotos: Thomas Neu

Percy Schmeisers Erfahrungen mit der Agro-Gentechnik hätten kaum nervenaufreibender und kräftezehrender sein können. Das hält den kanadischen Farmer und Saatgutzüchter aber nicht davon ab, weltweit auf Vortragsreisen eindringlich für eine gentechnikfreie Landwirtschaft zu werben.

Percy erzählt von seinem Kampf ums Überleben

Im sehr gut besuchten Bürgerhaus in Bensheim-Auerbach schilderte Percy Schmeiser auf Einladung der Kreisgruppe Bergstraße und der Ortsgruppe Bensheim im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ausführlich seinen Kampf gegen den Saatgut-Konzern Monsanto und die gerichtlichen Auseinandersetzungen, die er für den Erhalt seiner Farm führen musste.

Der deutschstämmige Kanadier hatte mit seiner Frau Louise über Jahrzehnte konventionellen und biologischen Raps angebaut und gezüchtet. 1996 traf die kanadische Regierung eine folgenreiche Entscheidung. Sie genehmigte den Freilandanbau von gentechnisch veränderten Pflanzen - Raps, Soja, Mais und Baumwolle. Schon ein Jahr später fand Schmeiser auf seinem Land gentechnisch manipulierten „Roundup Ready Raps“, auf den Monsanto ein Patent hält. Vermutlich hatte der Wind ihn vom Feld eines Nachbarn herbei geweht. Als traditioneller Saatbewahrer säte er 1998 Samen dieses Rapses aus und wurde, da er Monsantos Knebelvertrag ablehnte, wegen Patentverletzung verklagt. Der Herstellerkonzern forderte mehrere Hunderttausend Dollar Schadenersatz.

David gegen Goliath

Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit – „David“ Percy Schmeiser, vertreten durch einen Anwalt, gegen „Goliath“ Monsanto, vertreten durch 19 Anwälte. Während dieser Zeit scheute der US-amerikanische Konzern keinen Aufwand, um dem Ehepaar das Leben so schwer wie möglich zu machen und ihnen die Farm zu entreißen. Er startete Ruf schädigende Medienkampagnen und drängte in die persönliche Umgebung der Schmeisers. Privatdetektive wurden engagiert, um Percy und Louise permanent auf dem Feld und am Wohnhaus zu observieren. Nach einem Vortrag von Percy stellte sich ein Mitarbeiter von Monsanto dem Ehepaar mit erhobenen Fäusten in den Weg und drohte, dass der Konzern sie fertig machen würde.

2004 sprach das höchste kanadische Gericht Schmeiser von Schadenersatzzahlungen frei. Gleichzeitig gab das Gericht Monsanto im Grundsatz Recht. Es stellte fest, dass die Patentansprüche des Konzerns auch für kontaminierte Felder gelten würden. Seither gehen in Kanada alle Lebensformen, in denen die patentierten Gene von Monsanto nachgewiesen werden, in den Besitz des Konzerns über. Schmeisers selbstentwickeltes gentechnikfreies Raps-Saatgut, in dem 50 Jahre Forschung und Entwicklung steckten, war durch die Kontamination zerstört.

Der Kampf wird endlich belohnt

Das Ehepaar stellte seinen Betrieb um auf andere Kulturen. 2005 wuchs erneut Gen-Raps auf ihren Feldern und Schmeiser forderte Monsanto auf, diese Pflanzen zu entfernen. Der Konzern willigte ein unter der Bedingung, dass der kämpferische Landwirt schriftlich erklärt, zeitlebens über seine Praktiken zu schweigen und ihn nie wieder gerichtlich zu belangen. Schmeiser ließ sich auch diesmal nicht knebeln, er klagte nun seinerseits auf Schadenersatz. In einer außergerichtlichen Einigung übernahm Monsanto schließlich die Kosten für die Beseitigung der Genpflanzen.

2007 wurden Percy und Louise Schmeiser für ihren Kampf gegen die Agro-Gentechnik und ihren Einsatz für die Rechte der Landwirte gewürdigt - sie erhielten den Alternativen Nobelpreis. Trotz ihres hohen Alters sind sie viel auf Reisen, um vor den Fehlern zu warnen, die in Kanada gemacht wurden. „Kanadische Bauern haben ihre Wahlfreiheit verloren“, sagt Schmeiser, „durch die flächendeckende Kontamination ist es nicht mehr möglich, konventionell oder biologisch gentechnikfreien Raps, Mais, Baumwolle oder Soja anzubauen.“ Die Farmer müssen immer stärkere Pestizide einsetzen und der Absatz bricht ein. Denn viele Länder meiden inzwischen kanadische Produkte, die mit genmanipuliertem Saatgut zusammenhängen könnten, Dazu zählen auch Kohlgemüse oder Senf, die wie Raps zur Familie der Kreuzblütler gehören. Patentierte Gene können leicht in verwandte Arten auskreuzen.

Auch Kirche und Bauern lehnen Gentechnik ab

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion betonte Dr. Maren Heincke vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung, dass die evangelische Kirche den Anbau gentechnisch veränderter Organismen (GVO) ablehnt. Sie sei auch schon als Kindsmörderin tituliert worden, da sie der Prognose, dass Gentechnik allen Hunger beseitige, keinen Glauben schenke. Als im Publikum Monsantos Knebelverträge angeprangert wurden, berichtete Dr. Heincke von einer anderen Gentech-Firma, die deutsche Landwirte nach ähnlichem Strickmuster vertraglich binden wollte - allerdings weniger aggressiv als Monanto.

Dr. Willi Billau vom Regionalbauernverband Starkenburg betonte, dass momentan seitens der Landwirte in ganz Deutschland davon abgesehen wird, genmanipulierte Pflanzen anzubauen, da die Mehrheit der Verbraucher dies nicht wünscht. Auch wenn er sich vorstellen könnte, dass in Zukunft durch weitere Forschungsarbeit mehr Sicherheit vor allem gegen Auskreuzungen gentechnisch veränderter Organismen möglich wird, hält er derzeit den Anbau für nicht vertretbar.

BUND-Landesvorstandssprecher Herwig Winter, der die Podiumsdiskussion moderierte, zeigte sich erfreut über die zahlreichen Gäste und deren rege Diskussionsbeiträge. Er bedankte sich zum Ende der Veranstaltung bei allen Teilnehmern auf dem Podium, insbesondere bei Percy Schmeiser, dem er weiterhin Erfolg wünschte für seine globale Aufklärungsarbeit gegen die grüne Gentechnik.



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