BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


Vortrag “Gentechnik bedroht Landwirte und Verbraucher”

Am 2. November 2011 wurde auf Initiative der Grünen Weinheims im Rolf-Engelbrechthaus der Film “David gegen Monsanto” gezeigt. Die gut besuchte Veranstaltung wurde von Bürgermeister Fetzner mit einem Plädoyer für eine gentechnikfreie Landwirtschaft eingeleitet.

Sichtlich empört haben die Besucher auf die im Film gezeigten Geschäftspraktiken der Firma Monsanto reagiert. Aufgrund seiner Gen-Patente verklagte Monsanto in Kanada und in der USA Farmer, auf deren Feldern Gen-Raps festgestellt wurde, und dies auch wenn der Gen-Raps ungewollt durch Auskreuzung auf die Felder gekommen war. Der kanadische Farmer Percy Schmeiser, der sich dagegen wehrte, wurde telefonisch bedroht und auf seine Bank wurde Druck ausgeübt, sodass diese sein Bank-Konto ohne Begründung kündigte. Inzwischen ist der Genraps in Kanada allgegenwärtig, das heißt seine Ausbreitung ist außer Kontrolle geraten und es gibt dort keinen gentechnisch freien Raps mehr. Alle Farmer müssen das Gen-Saatgut von Monsanto kaufen, einschließlich der erforderlichen Unkrautvernichtungsmittel, die heute vornehmer Pflanzenschutzmittel, bzw. Herbizid genannt werden. Eigenes Saatgut zu erzeugen ist nicht gestattet. Monsanto stiftete Unfrieden und Misstrauen zwischen Farmern, denn Monsanto rief zur Denunziation von Nachbarn auf.

Keine Patente auf Leben

Der Referent Willy Welti vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) aus Birkenau stellte klar, dass es durchaus sinnvolle Anwendungen der Gentechnik gebe, z.B. im Bereich der Medizin. Auch im Bereich der Pflanzenzüchtung könnten Fortschritte durch intelligente Verfahren der Gentechnik wie “smart breeding” und “tilling” beschleunigt werden. Abzulehnen sei aber der artübergreifende Einbau von Fremdgenen in Pflanzen, da die Auswirkungen, auch nach Aussagen von Monsanto, nicht unter Kontrolle sei. Auch das Ziel Pflanzen zu züchten, die hohe Dosen Gift gegen Unkraut ertragen oder sogar Gifte gegen Schädlinge enthalten müsse abgelehnt werden. Die Erfolge seien ohnehin sehr fraglich. Die Gifte schädigten Mensch, Tier und Umwelt. Langfristig gäbe es keine höheren Erträge; sie könnten sogar sinken. Sogar in der USA, dem Gentechnikland Nummer Eins, sei nach dem Hunger-Report 2010 jeder achte Bürger auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Die Natur reagiere mit der Entwicklung von Resistenzen gegen die Gifte. Da große Monokulturen mit Gentechnik-Pflanzen angelegt werden, sei die Sortenvielfalt bedroht und damit auch die Nahrungsmittelsicherheit bei unvorhergesehenen Ereignissen. Dies habe zum Beispiel in Indien viele Baumwollfarmer in den Ruin getrieben und bei Reisbauern zu Hungernöten geführt. Der Referent forderte wie Percy Schmeiser “keine Patente auf Leben”.

Gene gehörten allen und die Gene von Kulturpflanzen seien ein Kulturgut an dem viele Generationen gearbeitet haben.

Einfluss der Gentechnik-Industrie

Dann ging der Referent auf die Zulassungsverfahren ein. Die Genehmigungsbehörden für Gentechnik-Pflanzen würden keine unabhängigen Tests durchführen, seien mit Lobby-Vertretern durchsetzt und verließen sich auf die Untersuchungen der Industrie. Die Industrie gebe natürlich nur positive Ergebnisse weiter. Die vorgeschriebenen Fütterungsversuche an gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln erstreckten sich nur über 90 Tage. Wissenschaftler, die länger getestet haben und zu bedenklichen Ergebnissen kamen seien auf Druck der Industrie gemobt worden. Die Freiheit der Wissenschaft wäre also bedroht. Als Lichtblick bezeichnete der Referent das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 2010, das entschied, dass derjenige, der gentechnisch veränderte Pflanzen in Umlauf bringt für gentechnische Verunreinigungen von Nachbarfeldern haftet.

In Deutschland wird viel Soja als Futtermittel, vorwiegend aus Südamerika importiert. Das Soja ist gentechnisch verändert oder verunreinigt. Es ist oft auch mit Herbiziden belastet. Die Gentechnik-Lobby verlangte die Zulassung von gentechnischer Verunreinigung, auch in gentechnikfreien Futtermitteln, von bis 0,9 %, da sonst Versorgungsengpässe bei Futtermitteln eintreten würden. Dies wurde von Umweltverbänden wiederlegt. Erfahrungen zeigten auch, dass die vermeindlich höheren Preise für gentechnischfreie Futtermittel durch besseren Nährwert und bessere Gesundheit der Tiere kompensiert werden. Bayern will auf gentechnischfreies Futter umstellen.

Greenpeace hat für die Verbraucher eine Einkaufsratgeber “Essen ohne Gentechnik” erstellt, der auch aus dem Internet heruntergeladen werden kann. Das Bundesumweltamt empfielt für Besitzer von Smartphones die Software Barcoo, die bereits beim Einkauf Informationen über Gentechnikfreiheit und andere Eigenschaften von vielen Produkten liefert. Nordrhein-Westfahlen ist im Oktober dieses Jahres dem Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen beigetreten. Der Referent drückte die Hoffnung aus, dass die anstehende EU-Landwirtschaftsreform endlich eine Ökologisierung der Landwirtschaft bringt und dass dies von der Bundesregierung nicht hintertrieben wird.

In der Region

An dieser Stelle der Veranstaltung wurde das Wort dem Grünen Landrat Uli Sckerl übergeben. Er berichtete, dass die neue Landesregierung, wie im Koalitionsvertrag festgelegt, Baden-Württemberg zur gentechnikfreien Region erklären will. Die Forschung an den Hochschulen soll umgepolt werden von gentechnischer auf nachhaltige Landwirtschaft und ein Monitoring-System zur Sicherstellung von gentechnikfreien Futtermitteln soll eingeführt werden.

In der anschließenden Diskussion gab es weitere interessante Beiträge. Alexander Spangenberg vom BUND Ladenburg berichtete, dass er als Gegengewicht zur BASF-Werbung an den Gymnasien eigene Veranstaltungen zu den Risiken der Gentechnik durchführt. Ein Weinheimer Landwirt berichtete, dass viele Landwirte bestrebt sind auf gentechnikfreie und regionale Futtermittel umstellen.

Quelle: http://archiv.bund-bergstrasse.de/themen_und_projekte/gentechnik/vortrag_gentechnik_bedroht_landwirte_und_verbraucher/