Beim Infoabend des Agenda21-Arbeitskreises über "Gentechnik in der Landwirtschaft” war der Birkenauer Rathaussaal bis auf die letzten Plätze besetzt. Willy Welti, Ortsbeauftragter des BUND für Birkenau, gab zuerst einen kurzen Überblick über die heutigen Einsatzgebiete der grünen, roten und weißen Gentechnik sowie die angewandten Verfahren zur Züchtung neuer Pflanzen für die Landwirtschaft. Dann wurde der eindrückliche Film “David gegen Goliath” über den jahrelangen Kampf des kanadischen Farmers Percy Schmeiser gegen den Gentechnik-Weltkonzern Monsanto um sein Recht auf Eigentum und freie Meinungsäußerung gezeigt.
Die Macht der Konzerne
Das Publikum und insbesondere die anwesenden Bauern waren entsetzt zu sehen, mit welch brutalen Mitteln der Konzern den Farmern gentechnisch verändertes Saatgut mit dem zugehörigen Unkrautvernichtungsmittel Roundup aufdrückt. Rund dreiviertel der Welt-Ernte an genmanipulierten Pflanzen stammen heute von Monsanto. Die Versprechen größerer Erträge und geringerem Gifteinsatz haben sich nach wenigen Jahren ins Gegenteil verkehrt. Percy Schmeiser, der für seine Standfestigkeit mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde, will all denjenigen Mut machen, die fürchten, man hätte als Einzelner keine Macht gegen die Politik und die Großkonzerne.
EU-Bürger gegen Gentechnik
Nach dem Film wies Welti darauf hin, dass Europa, außer bei importierten Futtermitteln, noch weitgehend frei von gentechnisch veränderten Pflanzen ist und dass vor kurzem in der EU die erste europäische Bürgerinitiative in der Geschichte mit über einer Million Unterschriften zum Abschluss kam. Mit einer Petition fordern die EU-Bürger ein Moratorium für die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen und eine unabhängige EU-Institution für deren Risiko-Bewertung. Welti forderte die Kennzeichung von landwirtschaftlichen Produkten mit gentechnisch veränderten Inhalten, auch von Tierprodukten von Tieren, die mit gentechnisch verändertem Futter gefüttert wurden. Er regte an, ein Signal zu setzen und Birkenau zur landwirtschaftlich gentechnikfreien Zone zu erklären, so wie es bereits über 60 Gemeinden, darunter auch Dossenheim, getan haben.
Position der Landwirte
Dr. Willi Billau, der stellvertretende Vorsitzende des Bauernregionalverbandes Starkenburg, stellte in seinem Referat klar, dass sich die Landwirte nach den Verbraucherwünschen richten und dass fast alle Verbraucher keine Gentechnik in Nahrungmitteln haben wollen. Er lehnt artübergreifendes gentechnisch verändertes Saatgut ab, das sich über Pollenflug verbreiten kann. Ebenso lehnt er Saatgut ab, das Antibiotika-Marker besitzt, wie dies zum Beispiel bei der neu zugelassenen Genkartoffel Amflora der Fall ist. Billau wies darauf hin, dass die Landwirtschaft aus Kostengründen nicht auf Pflanzenschutzmittel verzichten kann und beklagte den traurigen Zustand der Forschung in Deutschland für eine nachhaltige Landwirtschaft. Sehr positiv wurde die Möglichkeit des sogenannten “Smart Breeding” beurteilt, bei dem die Pflanzenzüchtung durch konventionelle und insbesondere nicht artübergreifende Methoden vorangetrieben wird und der Prozess der Pflanzenzüchtung durch gentechnische Untersuchungsmethoden beschleunigt und verbilligt wird. Alle waren sich einig, dass es keine Patente auf lebende Organismen geben darf.