Ethische Fragen der Nanotechnologie: Ist alles Machbare wünschenswert?

Der Einsatz von Nanotechnologien wirft eine Reihe ethischer, sozialer und gesellschaftspolitischer Fragen auf. Diese beziehen sich vor allem auf die Bereiche der Medizin und der synthetischen Biologie, wo direkte Eingriffe in den Körper vorgenommen werden und an der Entwicklung künstlicher Organe gearbeitet wird.

Bis jetzt werden solche Fragen fast ausschließlich von einigen philosophischen Universitätsfakultäten erörtert. Es wäre aber wichtig, dass auch die breitere Öffentlichkeit an dieser Debatte teilnimmt, von deren Ausgang sie maßgeblich betroffen sein wird.

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Nanomedizin: der optimierte Mensch

Vor allem bei der Nanomedizin stellen sich Fragen nach den ethischen Rahmenbedingungen der technisch möglichen Anwendungen:

  • Welches Menschenbild wird zugrunde gelegt und wo sind die Grenzen des Machbaren?
  • Sollten die Nano-Anwendungen nur bei schweren Krankheiten zum Einsatz kommen oder dürfen auch körperliche Unzulänglichkeiten, Behinderungen oder bloßes Unwohlsein mit Nano-Hilfe "repariert" werden?
  • Wem nützen diese Entwicklungen?

Wann ist der Mensch ein Mensch?

Im Bereich der Nano-Medizin wird eine Diskussion darüber geführt werden müssen, was den Menschen eigentlich ausmacht. Denn die Möglichkeit, die menschlichen Fähigkeiten zu verändern, kann die Vorstellungen von Menschenwürde und davon, was krank oder gesund bzw. normal ist, beeinflussen. Es ist zu befürchten, dass es einen erhöhten gesellschaftlichen Optimierungsdruck geben wird, der die Toleranzgrenze für geistige und körperliche Beeinträchtigungen sinken lässt.

Der ungleiche Zugang zu solchen Technologien könnte dem Begriff "Zweiklassen-Medizin" eine erhöhte Brisanz verleihen. Unter dem Begriff "synthetische Biologie" sollen zudem gänzlich neue biologische Organismen entstehen: Während die Gentechnik bisher nur einzelne Gene austauscht, geht es hier darum, das komplette Genom am Reißbrett neu zu entwerfen. Ist der künstliche Mensch bald Realität?

Nanotechnologie und globale Gerechtigkeit

Mit dem zunehmenden Einsatz von Nanotechnologien werden sich die Machtverhältnisse zugunsten der Industrienationen und einiger weniger großer Konzerne weiter verschieben. Bei den Nano-Lebensmitteln etwa könnte die Patentierung von Agrarprodukten und -techniken dazu führen, dass sich die Kontrolle nanotechnischer Anwendungen auf wenige Konzerne konzentriert.

Dies könnte zu Lasten vieler Kleinbauern und lokaler Anbausysteme gehen, die sich dem Druck weiterer Industrialisierung beugen müssten. Besonders Entwicklungsländer befürchten eine noch größere Abhängigkeit von den technologisch fortgeschritteneren Industrieländern.

Mehr Informationen

  • über Risiken verschiedener Nanomaterialien
  • über mögliche Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit
  • BUND-Broschüre "Nanotechnologie im Alltag" herunterladen oder kostenlos bestellen
Wie zukunftsfähig sind Nanotechnologien?

Auch wenn oft behauptet wird, dass die Nanotechnologien zur Lösung ökologischer Problem wie Klimawandel und Umweltverschmutzung beitragen können, ist fraglich, wie "grün" sie wirklich sind. So hat die Herstellung von Nanomaterialien einen sehr großen ökologischen Fußabdruck, etwa durch den hohen Wasser- und Energieverbrauch, den Ausstoß an klimaschädlichen Gasen und den Einsatz giftiger Chemikalien und Lösungsmittel. In welchem Verhältnis Kosten und Nutzen stehen, muss also kritisch hinterfragt werden.

Zudem könnten nanotechnologische Anwendungen etwa im Bereich der Landwirtschaft umweltschädliche Entwicklungen nach sich ziehen. Zum Beispiel fördert die verlängerte Haltbarkeit von Waren mittels Nano-Verpackungen klimaschädliche Transporte von Lebensmitteln über Tausende Kilometern hinweg. Umweltverträglich wäre es, stattdessen auf regional produziertes Obst und Gemüse zurückzugreifen.

Auch der Einsatz von Nano-Agrochemikalien widerspricht dem Leitbild einer nanchhaltigen Landwirtschaft. Herkömmliche Agrochemikalien haben bereits zu immensen ökologischen Schäden geführt. Sie tragen massiv zur Boden- und Wasserverschmutzung bei, die erhebliche Störungen der Ökosysteme verursachen und einen großen Anteil am Verlust der Artenvielfalt haben.

Auch die menschliche Gesundheit – vor allem von Kindern – ist gefährdet, wenn die Pestizide über Lebensmittel mitgegessen werden. Die neuen Eigenschaften der Nano-Pestizide wie größere Wirksamkeit, höhere biologische Verfügbarkeit und eine längere Haltbarkeit auf dem Feld – bergen gleichzeitig auch neue Risiken für Mensch und Umwelt. Ob zudem das Versprechen eingehalten wird, den Pestizideinsatz durch Nano-Agrochemikalien zu verringern, ist angesichts der ähnlichen unerfüllten Versprechen der Agro-Gentechnik durch dieselben Unternehmen unwahrscheinlich.

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Nanotechnologie  (PeteLinforth / pixabay.com)

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